Können wir einen charismatischen
Bürgerkrieg verhindern?

von J. Lee Grady, Charisma Magazine, Fire In My Bones, 09. Juli 2008
Übersetzung Birgit Barandica E.


Manche Leiter behaupten, die kontroverse Lakeland Erweckung würde uns zu Parteilichkeit zwingen.
Aber ich glaube nicht, dass Gott unsere Bewegung zersplittern will.


Vor mehr als 10 Jahren sah der charismatische Prophet Rick Joyner in seinem bekannten Buch "Der letzte Aufbruch" ("The Final Quest") einen Bürgerkrieg unter den Gläubigen voraus. Dieses Buch, das, wie Joyner berichtet, auf einer Reihe von Visionen basiert, die Gott ihm gezeigt habe, beschreibt bis ins letzte Detail einen turbulenten Konflikt, der die Christenheit, so wie wir sie bis jetzt kennen, neudefiniert.

Seit Erscheinen des Buches 1996 wurde diese Thematik von anderen charismatischen Leitern vielfach aufgegriffen. Sie sehen eine Spaltung unserer Bewegung zwischen "den Blauen" (denjenigen, die sich nur im übernatürlichen Bereich von Träumen, Visionen und Wundern bewegen) und "den Grauen" (denjenigen, die sich mehr auf ihren Verstand verlassen) voraus, und dass die Blauen gewinnen und als Vorreiter der Kraft des Heiligen Geistes die wahre Erweckung in Gang bringen werden.

Sogar noch bevor die Erweckung in Lakeland im April 2008 ausbrach, kündigten einige charismatische Propheten an, dass eine große Kluft zwischen denen entstehen werde, die an das "Reich der Herrlichkeit" glauben und denen, die eine etwas konservativere, mehr von der linken Gehirnhälfte gesteuerten Herangehensweise an ihren Glauben vertreten. Als GodTV mit ihren regelmäßigen Übertragungen der vom Evangelisten Todd Bentley geleiteten Heilungsveranstaltungen in Lakeland begann, erschienen diese Bürgerkriegsprophetien über Nacht erneut in Hunderten von Blogs und Email-Bombardments.

Ich gebe zu, dass ich damals vor 10 Jahren diesen Bürgerkriegsprophetien nicht allzu viel Aufmerksamkeit schenkte. Aber im Mai wurde ich von der Realität erschüttert, nachdem ich einen Online-Artikel geschrieben hatte, in dem ich wegen einiger von Todd Bentley vertretenen Lehren und Techniken ehrliche Fragen stellte. Obwohl ich seine Leidenschaft und Begeisterung teile und Gott für die Heilungen dankte, die aus Lakeland berichtet wurden, wurde ich sofort zum Erweckungskritiker abgestempelt und ins Lager der Grauen verbannt.

Ich wurde zum bösen Buben, weil ich mich wegen meiner Fragen "auf meinen Verstand" verließ. Meine Skepsis machte mich im Lager der Blauen zum Feind des Heiligen Geistes und des Übernatürlichen - obwohl ich davon überzeugt bin, dass alle übernatürlichen Gaben des Heiligen Geistes für unsere heutige Zeit sind!

Ich versuchte dies zuerst mit einem Lächeln abzutun. Ich ging davon aus, dass meine christlichen Geschwister nicht wirklich dächten, dass es falsch sei, als geisterfüllter Gläubiger die Geister zu prüfen (was wir in 1. Johannes 4,1 beigebracht bekommen), Wahrheit zu erkennen (siehe 2. Petrus 3,17) oder Prophetien und Engelbegegnungen abzuschätzen (siehe 1. Korinther 14,29, Galater 1,6-8).

Aber jetzt erkenne ich, dass einige Leute tatsächlich Krieg wollen. Sie wollen, dass die charismatische Bewegung mitten entzwei gerissen wird. Sie unterstellen denjenigen, die die aktuelle Bewegung in Lakeland nicht gleich hundertprozentig umarmen, "alte Weinschläuche" zu sein, die von Gott in der kommenden Erweckung nicht mehr gebraucht werden könnten.

Ich kann gar nicht beschreiben, wie sehr das schmerzt, denn ich liebe die Menschen auf beiden Konfliktseiten. Ich liebe die Blauen genauso wie die Grauen und die ganz anders Gefärbten im Leib Christi. Ich weigere mich zu glauben, dass Gott uns zersplittern will. Spaltung ist das Werk des Teufels.

Ich möchte jeden aus unserer Bewegung inständig bitten, dieses ganze Bürgerkriegsszenario zu überdenken. Anstatt mit Säbeln zu rasseln und Munition anzuhäufen, sollten wir uns lieber in entgegengesetzter Richtung bewegen:

1. Lasst uns uns gegenseitig annehmen. Der Apostel Paulus tadelte die Korinther, weil sie bestimmte Gaben über andere erhoben. Er erinnerte sie daran, dass jedes Mitglied des Leibes Christi eine wichtige Rolle spiele und dass kein einzelner Körperteil - ob nun Auge, Hand oder Fuß - allein funktioniere. Er tadelte diese elitäre Haltung, denn “es darf nämlich im Körper nicht zu einer Spaltung kommen” (1. Korinther 12,25, Neue Genfer Übersetzung).

Die meisten von uns erkennen die Wichtigkeit der übernatürlichen Gaben wie Heilung, Prophetie, Zungenrede und andere Demonstrationen der Macht Gottes, bereits an. Aber lasst uns in unserem Eifer nach diesen Gaben nicht diejenigen isolieren, deren Hauptzweck eventuell die Gnade, Hilfe für die Armen, Lehre oder Fürbitte ist. Wir sollten alle geistlichen Gaben schätzen - nicht nur die sensationellen und exotischen.

2. Lasst uns gegenseitig ermahnen. Christen waren nicht immer die besten Beispiele in der Konfliktbewältigung. Wenn Spannungen zu groß werden, vermeiden wir sie entweder ganz (gewöhnlich, indem wir nichts sagen, in der Hoffnung, dass die Probleme verschwinden) oder wir überreagieren (indem wir auf kindische Weise unsere Murmeln aufsammeln und irgendwoanders zum Spielen hingehen). Aber die Bibel hält uns dazu an, den Dingen auf Augenhöhe zu begegnen.

Im Fall Lakeland sind einige Doktrinen und Methoden einer intensiven Überprüfung unterzogen worden. Diejenigen, die überall Irrlehre ausmachen wollen, scheinen einen Heidenspaß daran zu haben, ihre Handgranaten loszuwerfen und alles in Lakeland als dämonisch zu brandmarken. Aber weil ich Todd Bentley als meinen Bruder in Christus annehme, muss ich auch dann auf höheren Pfaden wandeln, wenn ich nicht mit all seinen Gebetsmethoden oder Ansprüchen in Bezug auf Engel übereinstimme. Alles, was ich sage, selbst wenn es eine Korrektur beeinhaltet, muss in Liebe gesagt werden (siehe Epheser 4,15).

Ich bin dankbar, dass eine Gruppe von Leitern aus verschiedenen charismatischen Lagern (“Blaue” wie “Graue”!) gerade über die umstrittenen Punkte diskutieren, die es um Lakeland gibt — und dass biblische Gegenüberstellungen stattfinden. Ich vertraue darauf, dass dieser Prozess dazu führt, dort Korrektur walten zu lassen, wo sie angebracht ist und Entschuldigungen dort, wo sie nötig sind und dass Demut auf allen Seiten der Debatte größer wird.

3. Lasst uns füreinander beten (siehe Jakobus 5,16). Jesus betete, dass wir eins sein mögen. Es gibt keine Aufzeichnungen von Ihm, wo Er für unsere Zersplitterung wegen unserer Doktrinen betet. Warum um alles in der Welt sollten wir also auf Bürgerkrieg aus sein?

Bitte betet für Bentley — und für die Leiter, die in dieser Zeit in sein Leben hineinsprechen. Und betet, dass die Gemeinde nicht bloß echte geistliche Erweckung erfährt, sondern ebenso wahre Einheit. Lasst uns unsere Differenzen bereinigen, uns gegenseitig in unseren Diensten unterstützen und den Fokus unserer Bemühungen auf ein gemeinsames Ziel richten: Einer verlorenen Welt von der Liebe Jesu zu erzählen!

J. Lee Grady
Redakteur bei Charisma.

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