Rat an einen jungen Leiter
in Zeiten der Erschütterung

von J. Lee Grady, aus seiner Kolumne "Fire in my bones",
Charisma Magazine, 26. Oktober 2007

Gemeinden und Dienste zerbröckeln an Stolz, Gier und versteckter Sünde.
Hier sind 10 Richtlinien, die in diesen turbulenten Zeiten
zu Stabilität verhelfen können.


Kevin, ein 31-jähriger Pastor aus Minnesota, stellte mir diese Woche eine sehr ernste Frage. Er hat von all diesen Skandalen gehört, von denen die charismatische Welt in letzter Zeit erschüttert wurde, angefangen mit Ted Haggards peinlichem moralischen Versagen letztes Jahr, über die kürzlich bekanntgewordenen Scheidungen bekannter Leiter (Anm.: wo es u.a. um Gewalt und Missbrauch ging) und die Anschuldigungen gegen Leiter der Oral Roberts Universität wegen Veruntreuung der Finanzen.

Kevin schrieb: “Ich glaube, dass keiner dieser Leute seinen Dienst mit dem Ziel angetreten ist, so etwas Teil seines Lebens werden zu lassen. Was würdest du jemandem in meiner Position raten, so einen Lebenslauf zu verhindern?” Ich habe ihm ein paar einfache Wahrheiten mitgeteilt, die ich nachfolgend einer breiteren Leserschaft zukommen lassen möchte, in der Hoffnung, dass sie unser Fundament stärken, während um uns herum alles erschüttert wird.


“Wenn du vom Anspruchsdenken verleitet wirst, dann demütige dich und wasche einige Füße. Das ist es, worum es im wahren Dienst geht.”

1. Lebe ein bescheidenes, transparentes Leben. Die Tatsache, dass du ein Leiter bist, heißt nicht, dass du keine Probleme hättest. Du bist ein mit Fehlern behafteter, zerbrochener Mensch, der das Wunder der Gnade Gottes erlebt hat. Widerstehe der Versuchung, deine eigenen Schwächen zu leugnen. Nimm dich selbst nicht allzu ernst. Bleibe in enger Beziehung mit reifen Mentoren und vertrauenswürdigen Gleichgestellten, die deine Schwächen, Unsicherheiten und eventuellen vergangenen Süchte kennen. Bekenne Gott und dem engeren Kreis von Vertrauten regelmäßig deine Sünden.

2. Sei offen für Korrektur. Viele derjenigen, deren Dienste heute zusammenbrechen, haben entweder in Isolation gearbeitet oder sich mit Ja-Sagern umgeben. Je mehr dein Dienst anwächst, um so mehr vergrößere die Zahl derer, die in dein Leben hineinsprechen dürfen. Wenn deine Mitarbeiter auf alles, was du tust, ihren OK-Stempel drücken, dann begreife dies als ein Warnzeichen. Wenn sie dich nicht korrigieren können, weil sie dich als autoritär oder kontrollierend empfinden, dann nimm ein Sabbatjahr und nimm sofort Seelsorge in Anspruch.

3. Unterziehe deine Handlungen regelmäßiger Überprüfung. Gott beobachtet, wie wir mit den kleinen Dingen umgehen. Sagst du grundsätzlich die Wahrheit? Handhabst du die Finanzen richtig? "Saugst" du in Bezug auf dein Sexualleben Entschuldigungen aus deinen Fingern? Bearbeitest du Bankunterlagen so, dass du immer die Gesetzesbestimmungen erfüllst? Gott sieht jede Website, die du besuchst; jede persönliche Ausgabe, die du auf Kosten des Gemeindekontos tätigst und ebenso jede noch so kleine Übertreibung (d.h. Lüge), die du in deinen Newsletter setzt.

4. Halte Kontakt zur reellen Welt. Im Dienst geht es um liebende Menschen (ja, wirklich!). Aber du wirst nie richtige Leidenschaft entwickeln, wenn du nicht nah genug an den Graswurzeln bist, um die Armut zu riechen, der Krankheit die Hände auflegst und mit denjenigen weinst, die Schmerzen haben. Die Tage sind vorbei, in denen Prediger in Limousinen vorfahren konnten, um die Errettung zu verkünden. Der Herr fordert von all Seinen Dienern, dass sie wieder auf den Teppich kommen.

5. Gestatte es niemandem, dich in einen Prominentenstatus zu drängen. Bevor Jesus mit Seinem Dienst begann, zeigte der Teufel Ihm die Königreiche dieser Welt und bot Ihm Berühmtheit und Glück an. Der Feind deiner Seele wird versuchen, dir einen ähnlichen Deal vorzuschlagen. Widerstehe jeglichem Drang, berühmt zu werden. Lass nicht zu, dass Menschen dich auf ein Podest erheben. Wenn du vom Anspruchdenken verleitet wirst, dann demütige dich und wasch einige Füße. Das ist es, worum es im wahren Dienst geht.

6. Mach deine Familie zur Priorität. Wir kämpfen gegen Abtreibungen und homosexuelle Ehen, aber gleichzeitig vernachlässigen viele von uns ihre Ehepartner und Kinder. Menschen müssen erkennen können, dass das, was wir predigen, auch in unserem Privatleben funktioniert. Die Bibel ist darin sehr deutlich: “Denn wenn ein Mann es nicht versteht, seiner Verantwortung im eigenen Haus gerecht zu werden, wie soll er dann für Gottes Gemeinde sorgen?” (1. Timotheus 3,5, NL). Würde dieses biblische Prinzip heute geltend gemacht werden, dann würde der meiste Mumpitz in charismatischer Leiterschaft über Nacht beendet sein.

7. Lebe bescheiden und gib verschwenderisch. In einigen wenigen Jahren werden die selbstsüchtigen, geldorientierten Lehren verschwunden sein, die in den Achtzigern und Neunzigern des letzten Jahrhunderts die Gemeinden besudelt haben. Gott bringt Ausgewogenheit und Korrektur in die Botschaft, die zur Gier ermutigt hat. Zwar kenne ich Pastor Robert Morris aus Texas nicht persönlich, aber er wurde mir in finanziellen Dingen zu einem Mentor aus der Ferne. Sein Buch "The Blessed Life" (Das gesegnete Leben) hat die Sicht verändert, die wir Charismatiker bis jetzt dem Geld gegenüber hatten. Unter dem Strich sagt er: Wir geben nicht, um zu bekommen, auch wenn wir wissen, dass Gott großzügig gibt. Wir geben, um zu geben.

8. Baue kein eigenes Königreich. In der Vergangenheit kamen Leiter damit weg, dass sie ihren Diensten ihre eigenen Namen verpassten. Das funktioniert heutzutage nicht mehr. Die Ein-Mann-Show ist vorbei. In heutiger Leiterschaft geht es um den Aufbau eines Teams. Diejenigen, die meinen, sie könnten alles im Alleingang tun und dafür Lorbeeren ernten, werden mit mageren Resultaten dastehen, wenn ihre Arbeit im Feuer Gottes geprüft wird.

9. Entwickle ein scharfes Urteilsvermögen. Der Teufel ist auf der Jagd und wir können es uns nicht leisten, seinen Machenschaften gegenüber ignorant zu sein. Leiter müssen ein Frühwarnsystem entwickeln, wenn wir überleben wollen. Du musst dir ein Team wachsamer Fürbitter aufbauen, die im Gebet für dich einstehen. Diejenigen, deren Dienste heute zusammenbrechen und zu Asche werden, haben höchstwahrscheinlich den prophetischen Rat derjenigen ignoriert, die das Unglück kommen sahen.

10. Halte deine Leidenschaft aufrecht. Menschen, die moralisches Versagen erfahren, haben fast immer zuerst ihre geistliche Leidenschaft verloren. Mit dem Heiligen Geist erfüllt zu sein, ist nicht bloß eine einmalige Begegnung. Aber weil wir “leck sind”, müssen wir regelmäßig neu aufgefüllt und aufgeladen werden. Wir brennen schnell aus, wenn wir nicht mit der Quelle verbunden bleiben. Der Mann, der mich damals zu Christus geführt hat, Barry St. Clair, brachte mir bei, mit Gott täglich einen Termin zu haben. Ich versuche, auf meine Gebetszeit und mein Bibelstudium zu achten, denn ich weiß, dass ich nicht geben kann, was ich nicht habe. Je mehr ich in Seinem Wort lese, desto tiefer und stärker wächst es in mir, versorgt mich mit täglicher Offenbarung des Erlösers und gibt mir immer mehr Grund, ganz und gar darin aufzugehen.

J. Lee Grady ist Redakteur bei Charisma.

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