L a k e l a n d / H a m b u r g (idea) – Die jüngste Erweckung in Florida mit spektakulären Heilungen beurteilt ein führender deutscher Theologe der charismatischen Bewegung im Grundsatz positiv. Allerdings warnt Pastor Wolfram Kopfermann (Hamburg), Gründer und Leiter der evangelikal-charismatischen Anskar-Kirche, vor zu starker Emotionalität. Das Psychische dürfe das Geistliche nicht überlagern, sagte der 70-Jährige

gegenüber idea. Im Mai hatte er die Versammlungen mit dem kanadischen Prediger Todd Bentley in Lakeland (Florida) eine knappe Woche besucht.

Die dortige Erweckung begann am 2. April in der pfingstkirchlich geprägten Ignited Church (Entbrannte Kirche). Inzwischen kommen jeweils bis zu 7.000 Menschen in die Versammlungen. Bentley, der durch den Glauben vom Drogenkonsum frei wurde, spricht Kranken Heilung durch Gottes Kraft zu. Hunderte sind nach Angaben seines Missionswerks geheilt worden: Behinderte und Gelähmte sprangen über die Bühne, Leukämie, Tumore und Wunden verschwanden, Taube konnten wieder hören. Unter anderem bläst Bentley die Menschen an oder er berührt sie; einige fallen um, andere geraten in Zuckungen oder Verzückung. Aus dem In- und Ausland strömen Christen nach Lakeland, um die Heilungen zu erleben; über Fernsehen und Internet werden die Versammlungen weltweit verbreitet.

"Geistlicher Provokateur"
Kopfermann bezeichnet den tätowierten und gepiercten sowie lässig gekleideten Bentley als einen "geistlichen Provokateur" - im positiven Sinne. Das Maß der bezeugten Heilungen übersteige das, was man in den vergangenen Jahrzehnten in der westlichen Welt erlebt habe. Kopfermann wertet die Ereignisse in Lakeland als echte Erweckung, wobei der Akzent auf den in der Bibel bezeugten "Zeichen und Wundern" liege.

Grenze zur Irrlehre nicht überschritten
Das Umfallen von Menschen sei ein Begleitphänomen des Heiligen Geistes, aber nicht das Eigentliche seines Wirkens, so Kopfermann. Das seien die Früchte und Gaben des Geistes, von denen das Neue Testament spreche. Er würde das Umfallen nicht verteufeln, solange es nicht zur Hauptsache werde. In Bentleys Heilungsversammlungen spielen auch Engel eine wichtige Rolle. Auch hier sieht Kopfermann die Grenze zur Irrlehre nicht überschritten. Engel würden in Lakeland nicht angebetet, sondern Gott werde gebeten, sie zu schicken. Bentley mache auf ihn den Eindruck eines Predigers, der sich seiner Abhängigkeit von Gott stark bewusst sei und daraus lebe.

Erstmals weltweite Verbreitung über Internet
Gefahren sieht Kopfermann in einer starken Emotionalisierung, die das Geistliche nicht überlagern dürfe. Erstmals gehe eine Erweckung aufgrund der Kommunikationsmöglichkeiten von Internet und Satellitenfernsehen über die Region in die Welt hinaus. Darin sehe er eine Chance.

Pensacola: Menschliche Probleme sprechen nicht gegen Erweckung
In Florida macht nicht zum ersten Mal eine spektakuläre Erweckung Schlagzeilen. Ab 1995 bekannten in einer Pfingstgemeinde von Pensacola Gottesdienstbesucher ihre Sünden und erneuerten durch Buße und Seelsorge ihr Leben. Die Gemeinde sorgte weltweit für Schlagzeilen. Zehn Jahre später war die Gemeinde gespalten, auf 400 Mitglieder geschrumpft, und kämpfte um ihr Überleben. Laut Kopfermann ist dies auf Probleme des menschlichen Miteinanders von hochbegabten Führungspersonen zurückzuführen. Daraus dürfe man kein negatives Urteil über die Erweckung ableiten.

Kirche ohne Prophetie und Krankenheilung nicht denkbar
Kopfermann gründete 1988 die nach dem ersten Hamburger Bischof Anskar (801-865) benannten Freikirche. Zuvor war er 14 Jahre Pastor an der Hamburger Hauptkirche St. Petri. Er verließ die nordelbische Kirche wegen eines "unerträglichen Pluralismus". Zehn Jahre stand er an der Spitze der Geistlichen Gemeinde-Erneuerung (GGE). Kopfermann steht manchen Erscheinungen in der charismatischen Bewegung kritisch gegenüber. Dazu gehört für ihn die "Geistliche Kampfführung", die bestimmte Gebiete von Dämonen freibeten will. Eine Kirche ohne Prophetie, Krankenheilung oder Sprachengebet ist für ihn jedoch undenkbar.

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