Erster Deutscher Israelkongress:
Solidarität mit dem jüdischen Staat

Von: Elisabeth Hausen und Dana Nowak, Israelnet, 01. November 2010


Der israelische Abgeordnete Johanan Plesner war Ehrengast beim 1. Deutschen Israelkongress (Foto: Elisabeth Hausen)
Mehr als 1.000 Gäste aus ganz Deutschland haben am Sonntag auf dem 1. Deutschen Israelkongress ihre Solidarität mit dem jüdischen Staat bekundet. Viele forderten bei der Konferenz in Frankfurt am Main ein schärferes Vorgehen gegen Firmen, die Geschäfte mit dem Iran betreiben. Ein weiteres Thema war die israelfeindliche Resolution, die der Bundestag im Juli einstimmig verabschiedet hatte.

Stadtkämmerer Uwe Becker, offizieller Vertreter der Stadt Frankfurt, betonte in seiner Begrüßungsrede: "Frankfurt steht

ausdrücklich an der Seite Israels". Das Existenzrecht Israels dürfe nicht nur nicht in Frage gestellt werden, es dürfe gar nicht erst darüber diskutiert werden. Der Kämmerer sagte bereits die Unterstützung seiner Stadt für den geplanten 2. Israelkongress im Jahr 2011 zu.

Der Generaldirektor der israelischen Kadima-Partei, Johanan Plesner, zeigte sich bewegt über die Vielzahl der Gäste. Er sprach in seiner Rede unter anderem "das globale Problem der veränderten Kriegsführung" an. Es kämpfe nicht mehr "reguläre Armee gegen reguläre Armee". Die Normen und Regeln der Kriegsführung, die früher Zivilisten geschützt haben, hätten sich geändert. Organisationen wie Hisbollah oder Hamas richteten sich in zivilen Gegenden ein. Die Gruppen befänden sich damit immer in der Siegerposition: Reagiere Israel, würden Zivilisten verletzt und "die Hamas hat all die schönen Bilder, die sie der Welt präsentieren kann". "Reagiert Israel nicht, hat die Hamas ebenfalls gewonnen", so der Knesset-Abgeordnete, der für seine Rede stehenden Beifall erhielt.

Knobloch und Ben-Ze´ev als Schirmherren
Charlotte Knobloch, Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland und Schirmherrin des Kongresses, warnte vor allem vor der Bedrohung Israels durch den Iran. Sie frage sich zudem, warum nicht gegen die Hisbollah demonstriert werde und dagegen, dass die Hamas im Gazastreifen den Aufbau verhindere. Während der internationale Druck auf die Hamas ausbleibe, ergingen ständig Resolutionen gegen Israel. Der jüdische Staat stehe im Fadenkreuz des Terrorismus und die UN schwiegen dazu, kritisierte Knobloch. Israels Feinde rüsteten nicht nur Waffen auf, sondern beeinflussten das Bild der Menschen über Israel durch geschickte Öffentlichkeitsarbeit. Knobloch betonte: "Es ist an der Zeit, in den Köpfen der Menschen Ursache und Wirkung im Nahen Osten wieder zurechtzurücken."

Knobloch teilte sich die Schirmherrschaft mit Israels Botschafter in Deutschland, Yoram Ben-Ze´ev. Dieser kritisierte in seiner Ansprache, dass die Menschen in Deutschland oftmals nur die Schlagzeilen zum Nahostkonflikt, nicht aber die Hintergründe kennen würden. Negative Berichterstattung trage unter anderem zum schlechten Image Israels in der Welt bei. An diesem Bild seien allerdings nicht nur die Medien schuld, betonte Ben-Ze´ev. Im Blick auf Israels Siedlungspolitik sagte er, es sei legitim, diese nicht zu akzeptieren. "Aber die Wahrheit ist, die Siedlungen sind nicht das wirkliche Problem des Friedensprozesses." Sonst hätte es bereits 1967 Frieden gegeben, als es noch keine einzige israelische Siedlung gab, so der Botschafter.

Die Beziehungen Israels zur Bundesrepublik bezeichnete Ben-Ze´ev als "sehr gut", auch wenn beide Seiten nicht immer einer Meinung seien. Wichtig sei jedoch, dass es nicht nur auf Regierungsebene ein gutes Verhältnis gebe, sondern auch zwischen den Menschen beider Staaten. Er fügte an: "Herzstück einer Freundschaft kann aber nicht Kritik sein, sondern nur gegenseitiges Vertrauen". Der Botschafter sprach auch die derzeit auf Eis gelegten Friedensgespräche zwischen Israelis und Palästinensern an. Deren Erfolg hänge davon ab, ob Israel auf palästinensischer Seite einen "mutigen Partner findet" - so wie beim Friedensschluss mit Jordaniens König Hussein oder Ägyptens Präsident Anwar al-Sadat.

Diskussion über westliche Israelpolitik
Der Geschäftsführer der Grünen-Fraktion im Bundestag, Volker Beck, äußerte die Hoffnung, dass der Israelkongress zu einer faireren Betrachtung Israels führen werde. Vieles an der israelischen Politik sei schwer verständlich, aber "wir dürfen Israel nicht behandeln, als habe es Liechtenstein und die Schweiz als Nachbarn". Das Mitglied der Deutsch-Israelischen Parlamentariergruppe forderte die Anwesenden auch dazu auf, zu prüfen, was "weise" an der israelischen Politik ist. Die "rechts-nationalistische" Regierung in Jerusalem dürfe beispielsweise nicht die Probleme bei der Siedlungspolitik vergrößern. Wer Israel kritisiere, sollte jedoch prüfen, wie sich die Situation für die Bevölkerung im jüdischen Staat angesichts der zahlreichen Bedrohungen anfühle. Beck forderte die Hamas dazu auf, den Beschuss auf Israel unverzüglich zu beenden und den israelischen Soldaten Gilad Schalit freizulassen. Von Israel verlangte er die Öffnung der Blockade des Gazastreifens.

Ein Podiumsgespräch zum Thema "Israel, Islamismus und die westliche Politik" ergänzte den Vortrag. Der Vorsitzende der Deutsch-Israelischen Parlamentariergruppe, Jerzy Montag (Bündnis 90 / Die Grünen), betonte: "An Solidarität kann Israel nie genug bekommen." Gleichzeitig verteidigte er die Resolution des Bundestags vom 2. Juli, in der die Bundesregierung aufgerufen wird, Israel zur Beendigung der Gaza-Blockade aufzufordern. Diese sei nicht belehrend, sondern als Ausdruck der Freundschaft gegenüber dem jüdischen Staat zu werten. Allerdings sei er bereit, Kritik zu akzeptieren, die sich beispielsweise auf die Unklarheit der Formulierung beziehe.

Montags CDU-Kollegin Gitta Connemann bezeichnete das Abstimmungsergebnis hingegen als "Unfall". Das verabschiedete Dokument enthalte Bewertungen und Feststellungen, die einem deutschen Parlament nicht zustünden. Dies liege teilweise auch an einer "unglücklichen Kommunikation" vor der Verabschiedung der Resolution zwischen den Fraktionen einerseits und nach außen andererseits. Sie wies darauf hin, dass die Deutsch-Israelische Parlamentariergruppe mit 130 Mitgliedern die zweitgrößte im Bundestag sei. Connemann selbst war wegen eines Trauerfalls in der Familie nicht an der Abstimmung beteiligt.

Der frühere Bundestagsabgeordnete und ehemalige außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Gert Weisskirchen, kritisierte den Beschluss. Es sei nicht Aufgabe des Deutschen Bundestages, Israel vorzuschreiben, was es zu tun habe. Er fragte: "Gibt es eine ähnliche Resolution beispielsweise gegen die Niederlande?" Eine Zäsur dürfe es in der Haltung gegenüber Israel nicht geben.

Der CDU-Europaabgeordnete Elmar Brok äußerte seine Besorgnis darüber, dass Israel in den modernen Medien den Kampf der Bilder verliere. Die Forderung nach einer Anerkennung des Staates Israel sei nicht ausreichend, vielmehr sei der jüdische Staat schützenswert. Zudem müsse verhindert werden, dass neue Waffen in den Gazastreifen gelangten, die gegen Israel eingesetzt würden.

Der frühere Abgeordnete des Europäischen Parlamentes, Lothar Klein (CDU), erinnerte an die DDR, in der "Solidarität mit Israel sehr ungemütlich sein konnte". Dadurch hätten sich die Israelfreunde jedoch nicht beirren lassen. Darüber hinaus warf er die Frage auf, wie es sein könne, dass Deutschland der zweitwichtigste Handelspartner des Iran sei.

Gegen Geschäfte mit dem Iran
Mit dem Thema "Israel, Iran, Hamas und Hisbollah - Die Region Mittlerer Osten im internationalen Konflikt" befasste sich denn auch eine zweite Gesprächsrunde. Die Beteiligten kritisierten vor allem die Geschäfte deutscher Firmen mit dem Iran und den Besuch des Kulturausschusses des Bundestages in dem muslimischen Staat.

Der israelische Historiker und Autor Ja´akov Lozowick wies darauf hin, dass die Bedrohung durch den Iran nicht neu sei. Israel warne bereits seit etwa 20 Jahren davor. Allerdings habe die Welt erst vor einigen Jahren festgestellt, dass es tatsächlich ein Problem mit Atomwaffen im Iran gebe. Dies sei jedoch nicht die Kernproblematik. Gefährlich sei, dass der Iran seine "Ideologie transportiert". Dem Iran und seinen Verbündeten müsse klargemacht werden, dass die Staatengemeinschaft diese Ideologie nicht erlaube. "Solange der Iran und seine Verbündeten glauben, sie sind auf der Siegerseite, gibt es keine Chance auf Frieden", so Lozowick. Er wies auch auf die Wiederbewaffnung der Hisbollah im Libanon hin. Nach dem Zweiten Libanonkrieg im Jahr 2006 hätten die UN beschlossen, dass die vom Iran unterstützte Miliz keine Waffen mehr erhalten dürfe. Dennoch habe diese mehr als vier Jahre nach Kriegsende etwa dreimal so viele Waffen wie vorher. Dies zeige, dass der Iran und seine Verbündeten derzeit keine Angst hätten. Daher müssten Sanktionen und Maßnahmen ergriffen werden, "die weh tun".

Der Politikwissenschaftler und Publizist Matthias Küntzel äußerte sich kritisch über die Geschäfte deutscher Firmen mit dem Iran. Von den Unternehmen vorgebrachte Argumente nach dem Motto "Wenn wir die Geschäfte nicht machen, machen sie andere", wies er deutlich zurück. Hier müsse es eine moralische Grenze geben und klargestellt werden, dass die Bundesrepublik solche Geschäfte nicht machen könne. "Wer die deutsche Iranpolitik nicht ändern will, sollte von Israelsolidarität schweigen", sagte Küntzel. Er sprach zudem eine Maßnahme der niederländischen Regierung an. Diese hatte die iranischen Revolutionsgarden auf die EU-Liste der internationalen Terrorgruppen setzen lassen. Solch ein Schritt könne beispielhaft für die Bundesregierung sein. Laut Küntzel sei es zudem falsch zu glauben, dass die Iranproblematik über den Nahostkonflikt zu lösen sei. Dem Regime in Teheran gehe es darum, die "westliche Moderne" zu zerstören - Israel sei nur der erste Schritt dazu.

Der Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dieter Graumann, forderte wirtschaftliche Sanktionen gegen den Iran nach dem Motto: "Name and shame" (benennen und beschämen). Firmen, die Geschäfte mit der Islamischen Republik hätten, müssten öffentlich angeprangert werden.

Die Diskussionsteilnehmer äußerten sich auch kritisch über die Iran-Reise des Kulturausschusses. Die Mitglieder hätten sich mit Vertretern des Mullah-Regimes getroffen, die zu einem früheren Zeitpunkt öffentlich den Holocaust geleugnet hätten. Solche europäischen Delegationen seien keine Hilfe für die iranische Opposition, sagte der Gesandte des Staates Israel, Emmanuel Nahschon. Sie bewirkten eher das Gegenteil.

Antisemitismus heute vor allem gegen Israel gerichtet
Ein weiteres Panel beschäftigte sich mit "Antisemitismus und Anti-Israelismus im täglichen Leben". Laut dem Rechtsanwalt und Vorsitzenden des Keren Hayesod Deutschland Nathan Gelbart ist etwa ein Drittel der deutschen Bevölkerung "latent antisemitisch". Allerdings sei der "moderne Antisemit mit der Zeit und seinen Aufgaben gewachsen". So feinde er vor allem den Staat Israel und Institutionen wie den Zentralrat der Juden in Deutschland an und nenne sich "Antizionist". Als solcher stelle er unter anderem den Holocaust mit der israelischen Behandlung der Palästinenser gleich "und reduziert damit den Holocaust auf ein Nichts". Der Antisemit leugne hingegen den Holocaust direkt.

Der Präsident des jüdischen Fußballvereins TuS Makkabi Frankfurt, Alon Meyer, kritisierte die "Gier" der Medien nach Sensationsnachrichten. Auf Veranstaltungen wie dem Israelkongress sei die Presse hingegen zu schwach vertreten. Man müsse eine breite Öffentlichkeit schaffen, die Israel unterstütze.

Die Direktorin der Abteilung für den Kampf gegen Antisemitismus beim israelischen Außenministerium, Aviva Raz Schechter, warnte davor, Antisemitismus mit Schweigen zu begegnen. Sie wies außerdem auf die Gefahr hin, die von arabischen und muslimischen Fernsehsendern ausgeht, die per Satellit in Europa empfangen werden können. Dort werde häuft eine Art "Gehirnwäsche" betrieben. Es gebe nicht nur Antisemitismus, sondern es werde auch gegen die europäischen Werte vorgegangen.

Das Gründungsmitglied des Bundes Jüdischer Soldaten Gideon Römer-Hildebrecht berichtete, er werde immer wieder mit Äußerungen konfrontiert wie "Juden unterminieren die Bundeswehr" oder "In Afghanistan wird letztlich Israel verteidigt". Auch werde den Juden vorgeworfen, durch den Nahostkonflikt den Islamismus nach Deutschland zu bringen. In dem Zusammenhang stellte er die Frage, ob das Vorgehen gegen Hetzer konsequent genug sei.

DGB-Gewerkschaftssekretär Sebastian Wertmüller wies darauf hin, dass seit Jahren antizionistische Strömungen im linken Spektrum zu beobachten seien. Doch der Deutsche Gewerkschaftsbund stelle sich mit seinem Präsidenten Michael Sommer ohne Abstriche auf die Seite des jüdischen Staates Israel.

Der 1. Deutsche Israelkongress stand unter dem Motto "Gemeinsam für Israel". Zahlreiche jüdische, christliche und deutsch-israelische Organisationen und Vereine stellten sich dort vor. Es war das erste Mal, dass so viele israelfreundliche Gruppen unterschiedlicher Ausrichtungen gemeinsam eine Konferenz gestalteten. Die Koordination hatte Sacha Stawski, der Vorsitzende der Initiativen "I Like Israel" (ILI) und "Honestly concerned", übernommen.