Was ist Weihnachten?
von Bianka Bleier
aus
idea, 25. Dezember 2007.


Keine klingenden Glöckchen, kein leise rieselnder Schnee – nackter Überlebenskampf. Maria und Josef ganz auf sich gestellt. Ganz? Einer geht mit, ist längst dabei. Auch wenn alles dagegen zu sprechen scheint. Wenn alle Sicherheiten wegfallen, ist uns Gott Netz und doppelter Boden.

Weihnachten fängt nicht dort an, wo es nach Zimt und Nelken riecht, Gebäck uns das Wasser im Mund zusammenlaufen lässt, Weihnachtsmusik uns kauffreudig stimmt. Weihnachten beginnt nicht erst dann, wenn die Stimmung stimmt; nicht einmal dort, wo unsere Sehnsucht nach Frieden, Freude, Weihnachtskuchen gestillt wird. Weihnachten ereignet sich mitten in Verwirrung, Angst, Verfolgung und Chaos, unabhängig von allen widrigen Umständen – dort, wo Gott unsere letzte Sicherheit sein darf und wir unsere Lebensqualität nicht mehr von äußeren Bedingungen abhängig machen. Weihnachten muss nicht heile Welt spielen. Gerade darin liegt die Hoffnung dieses Festes!

Weihnachten feiert die "Herablassung" Gottes - Gott macht sich klein
Nichts wäre für Gott standesgemäßer als in Herrlichkeit zu erscheinen. Das wäre für Gott nichts Besonderes. Aber gerade darin kommt uns Gott so nah, dass er als kleiner, schwacher Säugling zur Welt kommt. Dass er so selten unseren Vorstellungen entspricht, dass er lieber überrascht. Er macht sich klein und unspektakulär, um in die Niederungen unseres kleinen, unspektakulären Alltags zu passen. Der "kleine" Jesus berührt unser Herz und überbrückt die Kluft zwischen Gott und uns.

Gott liebt das Kleine und Schwache
Der Mensch liebt das Große und Starke. Menschen streben nach oben, nach Anerkennung, Schönheit und Macht. Gott liebt das Kleine und Schwache. Sein Herz strebt nach unten, danach, lieben zu dürfen, schenken zu dürfen, zu helfen, aufzurichten und nach Hause zu bringen. Liebevoll beugt er sich zu uns, um uns zu begegnen. Er hat die Herrlichkeit des Himmels verlassen und ist zu uns heruntergekommen auf die Erde. Darin berühren wir das Geheimnis von Weihnachten: Gott, der in unzugänglichem Licht wohnt, kommt zu uns, um unsere Dunkelheit zu erleben.

Wann hat Weihnachten mit mir persönlich zu tun?
Wenn ich glaube, dass Gott gar nicht anders kann als lieben, weil Gott die Liebe ist.

Wenn ich weiß, dass Krippe und Kreuz für immer Ausdruck der ohnmächtigen Liebe Gottes sind.

Wenn ich hoffe, dass der Stern des Messias Licht wirft in eine Welt, in der Gott endgültig angekommen ist.

Wenn ich das Kind im Stall liebe und ihm als Geschenk mein Herz bringe, mit allen Licht- und Schattenseiten.

Weihnachten hat mit mir zu tun, wenn ich die Geburt Jesu feiere und auch die Geburt Gottes in mir selbst.

(Bianka Bleier ist gelernte Bibliothekarin und lebt mit Ehemann Werner und ihren drei Kindern in Baden- Württemberg. Gemeinsam mit Birgit Schilling hat sie das Haushaltsüberlebensbuch "Besser einfach, einfach besser" herausgebracht. Sie schreibt Tagebuchromane und gibt das jährlich erscheinende Kalendertagebuch "Mein Jahr" heraus. Ihre Homepage www.fromme-hausfrau.de ist ein beliebter Treffpunkt für Glaubens- und Lebensfragen geworden.)