Der Blick nach vorn
Ludwig Schneider, Israel Heute, 28. September 2011 | Nettanell

Für den Autofahrer ist der Blick in den Rück- und Seitenspiegel wichtig. Doch der Blick nach vorne hat absolute Priorität, denn sonst fährt man gegen das nächste Auto. Das ist auch im Geistlichen so. Die meisten Christen befassen sich nur mit den vergangenen biblischen Geschichten und ignorieren dabei das in die Zukunft weisende prophetische Wort.

Gott aber will, dass wir nach vorne blicken. In Amos 3,7 heißt es: "Gott, der HErr, tut nichts, ohne zuvor seinen Ratschluss

seinen Knechten, den Propheten, offenbart zu haben". Auch Jesus Christus sagt uns in Markus 13,23: "Seht euch vor, denn ich habe euch alles zuvor gesagt!" Hätten die Jünger Jesu sich damals nur mit der vergangenen biblischen Geschichte befasst und nicht mit dem prophetischen Wort, wären sie nicht dem Tischler aus dem verrufenen Nazareth, der in dem unbedeutenden Bethlehem geboren wurde, gefolgt, denn die Offenbarung, dass er Gottes Sohn ist, kam erst später. Daher schreibt der Apostel Petrus in 2.Petrus 1,19, dass sie "um so fester das prophetische Wort besaßen".

Wir berauschen uns an Noahs Arche, berechnen ihre Maße und vertiefen uns in das Ausmaß der Sintflut, übersehen dabei aber die Kernaussage dieser Geschichte, dass Gott Noah lange bevor die Flut kam, über die Katastrophe informiert hatte. Nur weil Noah wusste, was über die Welt kommen wird, konnte er Vorsorge treffen und die Tiere und seine Familie vor dem Untergang retten. Genauso will Gott auch uns vorher rechtzeitig informieren, was über uns und die Welt kommt.

Wer vorher weiß, was auf die Welt zukommt, ist ein Prophet. Das hat mit okkulter Wahrsagerei nichts zu tun, denn das hebräische Wort für Prophet נביא 'nawi' erinnert an den Navigator in unserem Auto, der uns den Weg zum Ziel weist, wenn er aktuell programmiert ist. So muss auch die Aussage des Propheten mit Gottes Wort übereinstimmen. Das ist nur der Fall, wenn es mi'pi Adonai "aus dem Munde des HErrn" kommt und durch den Satz be`sod Adonai vollendet wird, was "Rat des HErrn" heißt. Damit vertraut uns Gott, wie es in Amos 3,7 heißt "das Ergebnis seiner Ratsversammlung" an. Somit sind wir Mitwisser Gottes. Seinen Freunden offenbart Gott seine Geheimnisse, denn sod heißt Geheimnis.

Schon in 1. Mose 18,17 sagt Gott: "Wie kann ich Abraham verbergen, was ich vorhabe, zu tun?" Daher wusste Abraham schon vorher, was auf Sodom und Gomorrha zukommt und machte sich zum Fürsprecher für Sodom und Gomorrha. Er feilschte mit Gott bis auf zehn Gerechte, weil er davon überzeugt war, sein Neffe Lot habe dort wenigstens zehn Menschen zum Glauben an den wahren Gott bekehrt.

Wir sehen hier, Gott vertraute Abraham seinen Ratschluss an und gab ihm damit eine Chance, die Vernichtung von Sodom und Gomorrha zu verhindern. Wer ein Nachfolger der HErrn ist, ist damit auch ein Mitwisser und zugleich Mitstreiter Gottes. Weil Abraham bis auf zehn herunterhandelte, um Lot zu retten, muss ein Synagogengottesdienst wenigsten zehn Leute, ein Minjan, haben.

Gott redete auch mit Mose wie ein Freund zu einem Freund, um die Israeliten für den Exodus vorzubereiten. Als Mose auf den Berg Horeb stieg, tat er das nicht, um von dort aus besser sehen zu können, was hinter ihm liegt, sondern um dort von Gott zu erfahren, was vor ihm liegt. Gott redete mit Mose von Angesicht zu Angesicht (2. Mose 33,11) und das waren klare, prophetische Worte.

Heute will man fast nur noch Wohlfühlpredigten hören. Ich weiß nicht, ob man auf Kirchentagen und Glaubensseminaren noch Propheten wie Jeremia, Daniel und Sacharja ans Mikrophon lassen würde. Selbst Jesus dürfte vielerorts nicht mehr seine Rede aus Matthäus 7,21-23 wiederholen, dass nicht alle, die zu ihm HErr, HErr sagen, deswegen schon ins Himmelreich eingehen werden.

Es braucht heute echte Fürbitter. Ein Fürbitter aber ist ein Advokat, der vor Gott interveniert. Doch ehe er Fürbitte leisten kann, muss er wissen wofür, muss sich von Gott informieren lassen, Einblick in die Akten bekommen. Dafür aber muss er ein Freund Gottes sein, denn Fürbitte ist eine verantwortungsvolle Sache und hat nichts mit "viel beten" zu tun. Nur Mitwisser um den Ratschluss Gottes wissen, wofür sie beten sollen, sonst machen sie "Luftstreiche" (1. Korinther 9,26), "beten ins Blaue hinein", "plappern wie die Heiden" (Matthäus 6,7) und kommen sich dabei noch als eifrige Beter vor.

Keiner von den Freunden Gottes, denen er seine Geheimnisse offenbarte, war fehlerfrei. Doch waren sie Gott vollkommen ergeben und taten, was er sagte. Genau dafür müssen wir uns Gott neu weihen. Wir werden hinterher keine neue Arche bauen, aber unser Verhältnis zu Gott wird ein Intimeres sein als vorher. Unsere Gebete werden gezielter sein, denn Gott wird uns voher mitteilen, was Er vorhat, zu tun.

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