Auch Christen müssen faires Streiten lernen
Dem Frust Luft machen? - Psychologe widerspricht
Quelle: Jesus.de, 20.05.2006

Wut gehört zum Leben – auch in Kirchengemeinden. Doch Christen müssen faires Streiten lernen. Darauf hat der Psychologe und Autor Dr. Ulrich Giesekus (Freudenstadt) jetzt in einem Exklusiv-Interview mit dem Ratgebermagazin Neues Leben (Berlin/Altenkirchen) hingewiesen. Das Dampfdruckkessel-Modell "Mach deinem Frust mal richtig Luft, dann geht es dir besser!" funktioniere nicht. "Menschen, die ihre Aggressionen abreagieren, werden immer aggressiver", so Giesekus. Wer sich etwa gegenseitig in einem Ehekrach "wüste Beleidigungen an den Kopf" werfe und sich anschreie, in dem gehe etwas kaputt. Ein solcher Streitstil auf Dauer sei "ein echtes Scheidungsrisiko". Aggressionen verschwänden, "wenn das, was sie auslöst, verschwindet": "Wer aggressiv handelt, riskiert Beziehungsprobleme und Herzinfarkt".

Wutgefühle sind menschlich
Zugleich weist Giesekus darauf hin, dass Wutgefühle "zunächst einmal menschlich" seien. Die Fähigkeit zu fühlen, sei von Gott geschaffen. Wer sich ärgere, dem zeige das, "dass irgend etwas im Leben schief läuft". Darum sei an Wutgefühlen nichts falsch. Problematisch werde Wut jedoch immer dann, wenn man nicht das Problem angehe, das die Wut ausgelöst hat. Die könne auch ein überzogenes Harmoniebedürfnis sein, "welches mir nicht erlaubt, einen anderen mit dem Unrecht zu konfrontieren, das er mir angetan hat." Doch solche Probleme müssten geklärt werden. Nach Giesekus’ Einschätzung gibt es zwei Hauptsünden für Christen im Umgang mit der Wut: Passivität, wenn ein Fehlverhalten anderer geduldet werde, und Aggression, wenn das Gegenüber als Feind behandelt werde, dem man schaden wolle.

Alkohol vermeiden, einen Brief schreiben
Darüber hinaus präsentiert Neues Leben zahlreiche Praxis-Tipps zum Umgang mit der Wut: "Vermeiden Sie Alkohol". Er entspanne zwar kurzfristig, sei aber als Beruhigungsmittel ungeeignet. Empfohlen wird ferner: "Suchen Sie das Gespräch mit einer neutralen Person". Hilfreich sei auch das Schreiben eines Briefes an die Person, die einen in Rage bringt.

Die Lösung beginnt im Kopf, nicht im Bauch
Neues Leben-Chefredakteur Rainer Schacke ist davon überzeugt, dass das Gefühl der Wut "nicht unbedingt unberechtigt sein muss". Dennoch gelte es innezuhalten: "Wenn wir wieder einmal kindisch aus der Haut gefahren sind oder uns schmollend zurückgezogen haben anstatt reif und souverän zu reagieren, ist der Frust über die Auswüchse des Streits oft größer als der eigentliche Anlass. Die Lösung des Problems beginnt in solchen Wut- und Ärger-Situationen im Kopf, nicht im Bauch."


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