Gemeindezucht nicht nur bei
Sex-Sünden
von: Evangelische Nachrichtenagentur idea, 23.07.06
B o n n (idea) - Eine biblisch verstandene Gemeindezucht darf nicht mit einem Gemeindeausschluss als Folge schwerer Sünde gleichgesetzt werden. Diese Ansicht vertritt der Leiter des von baptistischen und mennonitischen Aussiedlern getragenen Bibelseminars Bonn, Heinrich Derksen. Ziel der Gemeindezucht sei vielmehr, einander seelsorgerlich zu begleiten, damit man nicht vom Glauben abfalle. Die Bibel lehre, dass Gott alle Sünden hasse, insbesondere stolze Augen, falsche Zunge, Totschlag, Intrigen, Rufmord, falsches Zeugnis und Streit zwischen Brüdern. Sünden im sexuellen Bereich spielten in der Bibel eine geringere Rolle als allgemein vermutet.
Kommentar von Birgit Barandica:Endlich einmal wird dieses Thema öffentlich angegegangen! Ich hoffe, es findet eine noch viel größere Verbreitung! Die Tatsache, dass unvernünftiger Umgang mit dem sexuellen Bereich häufig als die schlimmste Sünde überhaupt angesehen wird, verschiebt sämtliche Prioritäten (ich rede hier nicht von sexuellen Abartigkeiten, Pädophelie und dergleichen). Es lenkt geschickt von allem anderen ab: da braucht zum Beispiel die Lüge nur einmal "kurz" bereut zu werden und schon ist sie vergessen. Da erheben sich Menschen über andere, die mit einem bestimmten Thema in ihrem eigenen Leben nicht klarkommen und schon wird eine stolze Reaktion darauf zu etwas angeblich Biblischem. Menschen verstehen sich als der verlängerte Arm Gottes und führen sich als solcher auf.
In fast allen Bibelstudien wird richtigerweise gelehrt, dass Sünde gleich Sünde ist - dass Gott also keinen Unterschied macht zwischen "großen" Sünden und "kleinen" Sünden. In aktuellen Lebenssituationen jedoch unterscheidet dann der Mensch sehr wohl und macht den Schwächeren, den an irgendeinem Lebensbereich Gescheiterten oft ein derart schlechtes Gewissen, dass der dann nicht selten zusätzlich zu seinem schon vorhandenen Problem nun auch noch seelische Probleme davonträgt. Anstatt ihm gerade hier Gottes Liebe wieder nahezubringen und ihm zu helfen, mit der Situation richtig umzugehen. Das heißt, man macht sich am Schwächeren, an demjenigen, der an irgendeinem Lebensbereich gescheitert ist, schuldig und entschuldigt das auch noch biblisch. Das ist ein tatsächliches Fehlverhalten, das viele jedoch nicht sehen (wollen)...
Geld, Sex und Ehe (Scheidung) sind die drei Themen, die von manch lieben Geschwistern im Herrn am unbarmherzigsten behandelt werden. Ich wage zu behaupten, dass dies oftmals aus Neid geschieht oder weil man selbst Probleme in einem dieser Bereiche hat (und nicht gezwungen sein will, sich damit zu beschäftigen). Solange diese Probleme jedoch noch nicht ans Licht gekommen sind, lässt sich anscheinend sehr gut über andere herziehen, bei denen gewisse Dinge schon ans Licht gekommen sind. Somit wird abgelenkt, vertuscht. Indem man andere abkanzelt, zeigt man eigentlich nur, dass man sich mit jener Thematik selbst nicht wirklich auseinandersetzen will. (Bitte beachte, dass ich hier nicht von solchen Fällen rede, wo der Betreffende beispielsweise mit der Sünde spielt.)
Was liegt da näher, als so jemandem mit Gemeindeaussluss zu drohen oder es sogar zu vollziehen... Ist der Gescheiterte weg, scheint auch das Problem weg zu sein, mag man denken. Aber das genaue Gegenteil ist der Fall: der Gescheiterte ist zwar tatsächlich weg, aber weg ist ebenfalls die Chance, das eigentliche Problem bei der Wurzel zu packen und im (geistlichen) Leben voranzukommen!
Hier lässt sich sehr klar erkennen, dass wir Christen tatsächlich nicht anders sind, als Nicht-Christen. Der Unterschied zwischen Christen und Nicht-Christen ist einzig und allein der, dass wir Christen aus der Gnade leben und dies auch wissen (sollten). Leider verdrängt aber manch lieber Geschwist gerade diese Tatsache nur allzu gern, um sich nicht selbst anschauen zu müssen - und verfällt dann diesem typisch menschlichen Verhalten des Fingerzeigs auf andere: er erhebt sich über andere. Und Fehlverhalten oder Scheitern in den eben genannten drei Lebensbereichen wird als kritikwürdiger angesehen als in anderen Lebensbereichen.
Keiner von uns ist besser als andere. Die Bibel sagt es sehr deutlich: "da ist keiner, auch nicht einer, ...." (Römer 3,23). Der Mensch mit dem "besten" Charakter benötigt das Opfer Jesu genauso dringend, wie die Prostituierte beispielsweise. Es ist einzig und allein die Gnade, durch die Gott uns einen Weg geschaffen hat, aus dieser Misere herauszukommen.
Und genau hier zeigt sich der Unterschied zwischen uns Menschen: der Christ hat diese Gnade angenommen und der Nicht-Christ eben nicht. Aber hier hört der (wenn auch gravierende) Unterschied auch schon wieder auf! Und das vergessen leider viele. Beide, Christ wie Nicht-Christ, leben immer noch in dieser Welt, die vom Bösen beherrscht wird. Dem unterliegen beide: der Nicht-Christ genauso wie der Christ. Der Christ hat jedoch einen Ausweg und die Möglichkeit, um die Kraft Jesu zu bitten und sie anzuwenden. Weil er im Gegensatz zum Nicht-Christen den Heiligen Geist hat, kann er gewisse Dinge erkennen und lebt aus der Vergebung. Und genau hier hapert es manchmal... wir vergessen Erkenntnisse, die wir geschenkt bekommen haben... uns ist in gewissen Momenten nicht bewusst, dass auch wir der Vergebung benötigen... oder mancher denkt, er dürfe sündigen, eben wegen der Vergebung...
Christen nehmen eine andere Entwicklung in ihrem Leben als Nicht-Christen. Und gerade jetzt in den letzten Tagen macht der Feind genau hiervon Gebrauch, indem er weiß, wo er gewisse Geschwister "packen" kann, sodass diese sich als "Verkläger der Brüder" (Offenbarung 12,10) missbrauchen lassen. Diesen Punkt gilt es zu erkennen und umzukehren.
Einerseits wird es mit der Welt immer schlimmer, aber gleichzeitig wirkt auch der Heilige Geist immer mehr. Und so bin ich für die veröffentlichte, im Artikel oben genannte Erkenntnis dankbar und bete, dass sie sich immer mehr verbreitet unter uns Geschwistern, sodass sich diejenigen, die es angeht, bewusst werden, worauf sie da eventuell wieder reingefallen sind.