Offenbarung 21
von Bruni Wolters, Vineyard-Harburg, März 2006

Wir werden Augen machen!
Die neue Welt Gottes wird uns zum Staunen bringen!
Wir werden nach Worten ringen, kaum beschreiben können,
was wir sehen!


Wie würde ein Mensch aus dem alten römischen Reich, der plötzlich in unserer Zeit auftaucht, ein Handy oder einen Computer beschreiben? Wie würde ein Mensch aus dem Mittelalter eine Mikrowelle oder eine Espressomaschine beschreiben? Sie werden Vergleiche ziehen mit Dingen, die ihnen vertraut sind. Wir werden nicht immer verstehen, wovon sie eigentlich sprechen. Es würde zu lustigen Verwechslungen kommen!

Genau die gleichen Probleme haben wir, wenn es um die Ewigkeit geht, die neue Welt Gottes - und auch Johannes, der einen Blick in diese Ewigkeit werfen durfte, hatte diese Probleme. Er beschreibt, was er sieht, mit den Begriffen seiner Zeit.

Wir lesen Offenbarung 21, die Verse 1-8:

Und ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde; denn der erste Himmel und die erste Erde sind vergangen, und das Meer ist nicht mehr. Ich sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem, von Gott her aus dem Himmel herabkommen; sie war bereitet wie eine Braut, die sich für ihren Mann geschmückt hat.

Da hörte ich eine laute Stimme vom Thron her rufen: Seht, das Zelt Gottes bei den Menschen, und er wird zelten bei ihnen, und sie werden seine Völker sein und er, Gott, wird bei ihnen sein. Er wird jede Träne aus ihren Augen abwischen. Der Tod wird nicht mehr sein, keine Trauer, kein Geschrei, kein Schmerz, denn das Erste ist vergangen.

Er, der auf dem Thron saß, sprach: Siehe, ich mache alles neu. Und er sagte: Schreib es auf, denn diese Worte sind glaubwürdig und wahr. Und er sagte zu mir: Sie sind in Erfüllung gegangen. Ich bin das Alpha und das Omega, der Anfang und das Ende. Wer durstig ist, dem werde ich umsonst aus der Quelle geben, aus der das Wasser des Lebens strömt. Wer siegt, wird dies empfangen: Ich werde sein Gott sein und er wird mein Sohn sein. Aber die Feiglinge und Treulosen, die Befleckten, die Mörder und Unzüchtigen, die Zauberer, Götzendiener und alle Lügner - ihr Los wird der See von brennendem Schwefel sein. Dies ist der zweite Tod.

Nochmal: Wenn wir über die neue Welt Gottes sprechen, dann reden wir wie ein Blinder von der Farbe. Wir reden von einer Wirklichkeit, die kein Mensch bisher gesehen hat. Und selbst ein Mensch, der gestorben war und wieder ins Leben zurückgeholt wurde, hilft uns nicht wirklich weiter mit dem, was er berichtet. Denn wir haben gelernt, dass die neue Welt erst erscheint, wenn Jesus wiederkommt und nicht in dem Moment, wo ein Mensch stirbt.

Wir reden also über Dinge, von denen wir keine Ahnung haben. Unsere Fantasie wird angeregt und gleichzeitig überfordert. Und trotzdem sprechen wir darüber. Warum? Weil Gott uns das zumutet, weil Er uns das zutraut und weil Er selbst darüber spricht.

In diesen Versen geschieht für das Buch der Offenbarung etwas ganz Ungewöhnliches und Einmaliges: Gott spricht selbst! Bisher wurden alle Anweisungen, die Johannes bekam, von einem Engel vermittelt. Jetzt meldet sich Gott selbst, der auf dem Thron sitzt, zu Wort. Dreimal steht hier: und Er sprach. Das unterstreicht die Bedeutung und die Glaubwürdigkeit dieser Verse. Was hier steht, wird geschehen, mit 100%iger Sicherheit und die seelsorgerliche Komponente für jeden, der diese Verse hört oder liest, ist nicht zu übersehen.

Das Wissen um die Zukunft sollte uns nicht nur beruhigen, sondern gleichzeitig in Bewegungen setzen. Den Verheißungen folgt ein Drohwort. Niemand schliddert rein zufällig in diese neue Welt Gottes hinein. Es geht um bewusste Entscheidungen hier und jetzt, heute und nächste Woche. Es wird von Siegern und Feiglingen gesprochen. Ein Sieger kann nur siegen, wenn er auf ein Ziel hinarbeitet und ein Feigling weiß, wovor er kneift.

Johannes sieht Bilder. Zuerst wird von einer Stadt gesprochen, dann von einer Braut und dann von einem Zelt. Das sind drei Bilder, die sich gegenseitig ausschließen. Eine Stadt ist keine Braut, eine Braut ist kein Zelt, und ein Zelt ist keine Stadt. Wenn wir weiter lesen, erfahren wir, dass der Engel zu Johannes sagt: Ich will dir die Braut zeigen und dann beschreibt er in allen Einzelheiten das neue Jerusalem, die neue Stadt. Hier fließen die Bilder sogar ineinander!

Das ist merkwürdig und verwirrend. Wir kommen nicht weiter mit unseren Erklärungsversuchen, wenn wir diese Bilder wörtlich nehmen. Deshalb müssen wir uns fragen: welche Bedeutung haben diese Bilder und was sollen sie aussagen? Und wir müssen uns auch fragen: füllen wir die Begriffe genauso wie Johannes oder hat sich unser Denken und Verstehen verändert? Müssen wir an einigen Stellen umdenken?

Alle drei Bilder beschreiben das neue Volk Gottes und wie das Zusammenleben mit Gott in der Ewigkeit aussehen wird. Für dieses "Wie" habe ich drei Überschriften gefunden: Vollkommene Sicherheit, vollkommene Schönheit und vollkommene Gemeinschaft.

Vollkommene Sicherheit
Woran denkst du, wenn du an eine Stadt denkst? Viele Menschen, Arbeit, gute Einkaufsmöglichkeiten, Kino und Diskotheken, Theater und Museen, Leben und Spaß rund um die Uhr? Oder denkst du eher an die Nachteile? Viele Menschen - trotzdem sind etliche einsam. Arbeit - aber nicht für jeden. Hektik, Kriminalität, Lärm und schlechte Luft. Nicht jeder moderne Mensch möchte in der Stadt leben. Nicht jeder möchte, dass seine Kinder in der Stadt aufwachsen. Der Begriff "Stadt" erzeugt nicht bei jedem positive Gefühle.

Wie war es zur Zeit von Johannes? Der Grieche dachte bei "Stadt" nicht an Gebäude, sondern an ein geordnetes Zusammenleben, an eine fortschrittliche Verfassung, an Bildung und Kultur. Der Jude interessierte sich mehr für die Dicke der Stadtmauern. Die Geschichte Israels zeigt, dass die Bedrohung immer wieder durch Feinde von außen kam. Eine dicke und hohe Stadtmauer versprach Schutz, Sicherheit und Geborgenheit. Also beide - Griechen und Juden - sehnten sich nach Sicherheit. Für die Griechen war die innere Sicherheit wichtig, für die Juden die Abgrenzung nach außen hin.

Die Stadtmauer, die Johannes im Bild sieht, ist sehr hoch und sehr dick. Sie ist quadratisch und hat auf jeder Seite drei Tore. Jedes Tor besteht aus einer einzigen Perle und auf den Toren stehen die Namen der zwölf Stämme Israels.

Wer in die Stadt hinein will, muss also durch die Tore gehen. Was heißt das übersetzt? Wer zum Volk Gottes gehören möchte, muss durch die Geschichte Israels eintreten. Wir können keinen Bogen um das Alte Testament machen, sondern wir müssen da durch. Die Perle deutet an, wie kostbar uns das Alte Testament sein sollte. Der alte Bund, den Gott durch Mose mit Seinem Volk geschlossen hat, ist die Voraussetzung für den neuen Bund. Die Pläne Gottes zur Rettung der Menschen begannen mit Abraham. Wir können nicht einfach sagen: was interessiert mich das Alte Testament? Ich fange erst bei Jesus an. Ohne den alten Bund gäbe es keinen neuen Bund. Die Geschichte Israels ist auch unsere Geschichte.

Aber es gibt nicht nur Stadttore, sondern auch eine Stadtmauer. Und diese Mauer hat zwölf Grundsteine. Auf den Grundsteinen stehen die Namen der zwölf Apostel des Lammes, also Jesu. Der alte Bund ist zwar die Voraussetzung für den neuen Bund, aber der neue Bund ist die Grundlage für das neue Jerusalem. Der neue Bund ist grundlegender, entscheidender, wichtiger. Ohne den stellvertretenden Tod Jesu am Kreuz würde es kein neues Volk Gottes geben.

Und jetzt wird auch nicht mehr vom Volk Gottes gesprochen, sondern von den Völkern. Ist euch das aufgefallen in Vers 3? Sie werden Seine Völker sein. Einem Juden hätten sofort die Ohren geklingelt. Im ganzen Alten Testament wird immer nur von dem einen Volk Gottes geredet und jetzt sind es plötzlich Völker. Die Menschen, die in der neuen Welt Gottes leben werden, setzen sich zusammen aus Judenchristen und aus Heidenchristen aller Nationalitäten und Hautfarben. Zusammen bilden sie eine neue Gemeinschaft.

Die Tore sind immer geöffnet. Stadttore haben ja eigentlich den Zweck, Feinde daran zu hindern, in die Stadt zu kommen. Das ist nun nicht mehr nötig. Es gibt keine Feinde, es gibt keine Bedrohung, es gibt nur noch vollkommenen Schutz, vollkommene Sicherheit und vollkommene Geborgenheit.

Vollkommene Schönheit
Jede Braut ist schön, selbst wenn sie nicht den allgemein gültigen Schönheitsidealen entspricht. Jede Braut ist schön. Äußerlich, weil sie ein wunderschönes Kleid trägt, Make up, Frisur und Schmuck sind dem Anlass angemessen. Jede Braut ist schön, weil sie von innen heraus strahlt! Schönheit hat viel mit Ausstrahlung zu tun. Eine Braut ist verliebt, sie ist glücklich, sie ist voller Vorfreude auf die Ehe. Dieses Glück strahlt sie aus.

Schönheit hat auch mit Proportionen zu tun. Die Stadt wird ausgemessen und sie hat die Form eines Würfels. Länge, Breite und Höhe sind gleich. Diese Gleichheit in alle Richtungen war für einen Menschen der damaligen Zeit ein Bild für Vollkommenheit. Und auch die Zwölf, die immer wieder auftaucht, zwölftausend Stadien sind die Maße der Stadt, 144 000 Ellen ist die Stadtmauer hoch, auch hier ist die zwölf enthalten. Symbole für Vollkommenheit.

Auch hier merken wir, wie sich unser Denken von dem damaligen unterscheidet. Ich vermute mal, dass nicht allzu viele von uns entzückt sind, wenn sie sich vorstellen in einer Stadt leben zu müssen, die die Form eines gigantischen Würfels hat. Aber es geht ja nicht buchstäblich um einen Würfel, sondern um das Bild von vollkommener Schönheit.

Bei den Materialien kommen wir wahrscheinlich eher auf einen Nenner. Die Materialien sind vom Feinsten, Gold und Edelsteine und trotzdem ist sie durchscheinend, klar wie Glas. Hier wird wieder die Symbolik deutlich: Gold ist in Wirklichkeit nicht durchsichtig. Die ganze Stadt ist Licht durchflutet, alles ist hell, es gibt keine dunklen Ecken und Nischen, keine Unordnung und ein Chaos.


Vollkommene Schönheit und vollkommene Reinheit!
Lasst uns das Bild übertragen auf uns Menschen. Ich kann von mir nicht behaupten, einen vollkommen reinen Charakter zu haben. Ich kenne meine dunklen Seiten, meine negativen Gedanken und meine Schwächen. Ich sehne mich nach Veränderung und muss erleben, dass ich immer wieder in die alten Verhaltsmuster zurückfalle, die mir selbst und anderen schaden. Die Sünde ist noch sehr präsent, in meinem Leben und in zwischenmenschlichen Beziehungen. Ein Leben, in dem es absolut keine Sünde mehr gibt, liegt noch außerhalb meiner Vorstellungskraft, aber es ist das, was mich - was uns - bei Gott erwartet. Gott wird uns umgestalten. Wir werden einen Charakter bekommen, der jesusmäßig ist, vollkommen rein und vollkommen schön. Wir werden uns selbst und anderen nicht mehr weh tun - es wird keine Tränen, keine Trauer, keine Schmerzen mehr geben!

Vollkommene Gemeinschaft
"Gott wird in ihrer Mitte zelten". Wer das Alte Testament kennt, wird sofort wissen was mit "zelten" gemeint ist. Es gab eine Zeit, als Gott mitten unter seinem Volk Israel in einem Zelt wohnte. Der korrekte Begriff für Zelt ist "Stiftshütte". Als Mose mit dem Volk Israel in der Wüste unterwegs war, befreit von der Sklaverei in Ägypten, unterwegs zum versprochenen Land, da war Gott mitten unter ihnen. Doch niemand konnte Ihn sehen. Lagerte das Volk, dann ließ sich Gott in der Stiftshütte nieder - hinter Vorhängen verborgen. Auf der Wanderung ging Gott Seinem Volk voraus - aber in einer Wolken- oder in einer Feuersäule verborgen. Kein Mensch hat Ihn je gesehen.

In der neuen Welt wird uns kein Schleier und kein Vorhang von Gott trennen. Wir werden Ihn sehen von Angesicht zu Angesicht. Auch das ist wieder ein Bild, denn Gott ist Geist, Er hat kein Gesicht. Es bedeutet, dass es nichts Trennendes zwischen uns und Gott gibt. Wir werden in einer Unmittelbarkeit zu Ihm leben, wie dies noch nie einem Menschen vorher möglich war.

Gott wird unsere unumstrittene Mitte sein, das Zentrum, der uneingeschränkte Herrscher, die Nummer 1. Unsere Herzen werden Ihm ungeteilt hingegeben sein. Da gibt es nichts mehr, was uns ablenkt und da gibt es nichts mehr, was uns wichtiger ist als Gott.

Auch das kann ich mir schwer vorstellen, denn mein Alltag heute sieht so ganz anders aus. Ich versuche zu beten und meine Gedanken springen in meinem Kopf herum, wie eine wild gewordene Affenherde. Ich fange bei Jesus an und plötzlich bin ich in Gedanken dabei, den Wochenendeinkauf zu planen. Ich versuche, in der Bibel zu lesen und es überfällt mich eine plötzliche Müdigkeit. Ich komme in den Gottesdienst, aber meine Gedanken sind weit weg - vielleicht bei einem Streit in der Familie.

Es ist mein sehnlichster Wunsch, ungeteilt, unabgelenkt für Gott zu leben, aber es gelingt so wenig. Welch eine Hoffnung, dass es in der Ewigkeit anders sein wird!

Die neue Welt hat bereits begonnen!

Wird alles neu und fremd sein? Ich denke nicht. Mit der Auferstehung Jesu ist die neue Welt Gottes in unsere Geschichte hineingebrochen, wenn auch noch nicht vollständig. In der Gemeinde ist das neue Leben ansatzweise schon vorhanden. Wir erleben jetzt schon, dass Leute in die Gemeinde kommen und sagen: hier fühle ich mich wohl. Hier fühle ich mich sicher, auch dann noch, wenn meine Fehler ans Licht kommen.

Auch heute schon kommen Menschen traurig zum Gottesdienst und es fällt jemandem auf und er geht hin und tröstet. Auch heute schon kommen Kranke in die Gemeinde und erleben, dass Gott sie auf übernatürliche Weise heilt - wir wünschen uns viel mehr davon, das ist klar, aber es geschieht schon heute. Menschen erleben, dass sie von Süchten loskommen - nicht jeder, aber einige!

Diese kostbaren Momente, wo die Herrlichkeit vom Reich Gottes in unser Leben hineinscheint, haben ein Ziel: sie sollen unseren Appetit anregen! Was wir hier erleben, ist die Vorspeise und wir dürfen uns auf das große Hochzeitsmahl im Himmel freuen.

Ich möchte noch kurz auf den seelsorgerlichen Aspekt in diesen Kapiteln kommen. Den Verheißungen folgt eine Mahnung: die Feiglinge und die Treulosen werden diese wunderschöne Welt nicht erleben. Diese Mahnung ist ernst gemeint. Es ist ein Wort gegen Resignation und auch gegen Selbstzufriedenheit. Hunger und Durst nach dem Wirken Gottes halten uns in Bewegung - Feigheit lähmt, Untreue lenkt ab. Hier gilt es, den Kampf aufzunehmen. Jetzt ist die Zeit zum Aufwachen, jetzt ist die Zeit, Dinge in Ordnung zu bringen. Alles, was wir tun, hat Einfluss auf die Ewigkeit und alles, was wir nicht tun, auch. Wer erwartet, dass Gott uns Aufgaben gibt und dann beide Augen zudrückt, wenn wir die Sachen nicht auf die Reihe kriegen, weil wir so passiv oder so abgelenkt waren, der wird auch Augen machen! Aber es wird kein Staunen sein, sondern ein böses Erwachen.

"Der Geist und die Braut sprechen: Komm!" Bei diesem Aspekt wird ganz deutlich, dass es sich ausschließlich um einen Auftrag in dieser Welt handelt. Was macht ein Brautpaar, wenn es die Hochzeit plant? Es stellt eine Gästeliste zusammen. Es überlegt sich, wie groß die Hochzeit werden soll, wie die Finanzen aussehen, wer eingeladen wird und wer vielleicht nicht.

Wir dürfen einladen, ohne uns Gedanken über knappes Geld oder Platzprobleme zu machen.

Die Gemeinde Jesu soll eine einladende Gemeinschaft sein. Und die Einladung gilt allen Menschen. Nicht jeder reagiert positiv auf Gottes Einladung - das erleben wir ständig - aber Gottes Herz sehnt sich nach allen verlorenen Menschen. Auch hier sind wir aufgefordert, nicht feige oder treulos zu werden, sondern dranzubleiben.

Wir werden Augen machen! Und hoffentlich nicht nur wir, sondern noch viele andere, die Jesus jetzt noch nicht kennen, aber durch unser Zeugnis und auf unsere Einladung hin, dazukommen werden. Wir alle werden Augen machen!

Amen.

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