"Filme mit weniger Gewaltszenen sind erfolgreicher"
von Andreas Dippel, Christliches Nachrichtenmagazin pro,
10.05.2007




Ted Baehr ist Gründer und Verleger von "Movieguide"
und Vorsitzender der "Christian Film & Television
Commission" in den USA. Er bewertet Kinofilme aus christlicher Perspektive. (Foto: pro)

Ted Baehr ist Gründer und Verleger von "Movieguide" und Vorsitzender der "Christian Film & Television Commission" in den USA. Der Filmexperte gehört zu den wichtigsten Menschen in Hollywood. Denn er bewertet seit mehr als 20 Jahren Kinofilme aus christlicher Perspektive. Hunderttausende richten sich vor ihrer Entscheidung, ins Kino zu gehen, nach seiner Bewertung. Wir haben mit Ted Baehr darüber gesprochen, was gute Filme ausmacht – und warum Filme mit weniger Gewaltszenen erfolgreicher sind als andere.

pro: Ted Baehr, Kinofans dürften Sie um Ihren Beruf beneiden: Sie schauen sich jeden Film an, der gerade in die Kinos kommt, bekommen Einladungen zu Filmfesten in Hollywood, sind ständig mitten in der "Traumfabrik".

Ted Baehr: (lacht) Sicher liebe ich meinen Beruf, ich mag es, mit Menschen im Filmgeschäft zu tun zu haben. Und ich interessiere mich natürlich auch für Filme und die Hintergründe des Filmgeschäfts. Das Problem ist nur, dass die meisten Kinofilme, die ich mir ansehe, schrecklich sind. Ganz gleich, ob sie Kassenerfolge sind oder nicht. Denn die meisten Filmemacher meinen, einen guten und erfolgreichen Film machen Morde, Gewalt und Grausamkeiten aus statt einer guten Handlung. Deshalb fällt es mir schwer, die meisten Filme anzuschauen, die ich mir ansehen muss.

pro: Wobei wir schon bei dem Grund sind, aus dem Sie sich beinahe jeden neuen Kinofilme anschauen: Sie bewerten Filme, ganz speziell aus christlicher Perspektive. Warum?

Baehr: Wir von "Movieguide" wollen zum einen Filmautoren und Produzenten zeigen, welche Filme gut sind und welche nicht und zum anderen Eltern mit unserer Bewertung von Filmen in der Frage unterstützen, ob sie ihre Kinder einen Film anschauen lassen sollten oder nicht. Dabei sage ich in meinen Bewertungen jedoch nicht, ob sich Menschen einen Film anschauen sollen oder nicht. Ich versuche, unseren Lesern so viele Informationen über einen Film zu geben wie eben möglich und ihnen die Entscheidung zu überlassen.

pro: Können Sie uns ein Beispiel nennen?

Baehr: Erst kürzlich schrieb mir eine Frau in den USA, dass sich ihre Tochter den populären Comedy-Film "Blades of Glory", der seit einigen Wochen in den Kinos läuft, ansehen wollte. Die Frau hatte meine Bewertung des Films gelesen, in der ich auch geschrieben habe, dass in einer Szene einer Frau der Kopf abgeschlagen wird. Und ihre Tochter hat sich daraufhin den Film eben nicht angesehen. Das Beispiel zeigt, dass ich unseren Lesern nicht sage: Schaut euch einen Film an oder schaut ihn euch nicht an. Ich stelle einfach dar, welche Szenen aus meiner Sicht bedenkenswert sind. Jeder kann dann seine eigene Entscheidung treffen.

pro: Sie sagen also nicht: "Christen, diesen oder jenen Film dürft ihr euch nicht ansehen"?

Baehr: Genau. Christen sollen selbst entscheiden. Sehen Sie, es gibt doch diese zwei Extreme: Die totale Gleichgültigkeit gegenüber Moral und Werten und die Gesetzlichkeit, der Rückzug in die eigenen vier Wände. Gerade Eltern sollten ihren Kindern beibringen, nachzudenken, damit sie weise Entscheidungen treffen können. Dazu gehört, dass wir etwa über die Konsequenzen unseres Handelns nachdenken und die biblischen Werte beachten, um richtige Entscheidungen zu treffen.

pro: Welche Kriterien legen Sie bei der Beurteilung der Filme an?

Baehr: Zum einen ist das schlichte Statistik: Wir zählen etwa die Gewalthandlungen, Sexszenen und so weiter. Doch reine Zahlen liefern keine Grundlage für eine Beurteilung. Daher kommt eine qualitative Analyse hinzu. Am Beispiel des Filmes "Schindlers Liste" bedeutet das, dass die Gewaltszenen, die es in dem Film gibt, in keinster Weise die Qualität und Aussage des Filmes beeinträchtigen. Denn die Gewalt, die dort gezeigt wird, ist nicht "gut", wird nicht positiv dargestellt.

pro: Inwiefern ist das in anderen Kinofilmen anders?

Baehr: In dem überwiegenden Teil der Filme, in denen Szenen der Gewalt vorkommen, werden nie die Konsequenzen dieser Gewalt gezeigt. Kinohelden ermorden andere und die Vorstellung, dass sie für diese Morde belangt werden, gibt es in den Filmen einfach nicht. 73 Prozent aller Gewaltdarstellungen in Filmen ziehen keine Konsequenzen nach sich! Dabei ist es gerade für Jugendliche so wichtig, dass sie lernen, dass Gewalt – aber auch Lügen oder Betrug – immer Konsequenzen nach sich zieht. Nur lernen sie das nicht im Kino.

pro: Weil Menschen, die ins Kino gehen, doch einfach nur unterhalten werden wollen – ohne mit der Realität konfrontiert zu werden.

Baehr: Ja, aber wir sagen: Die besten Filme sind die, die auch die Konsequenzen von Handlungen zeigen. Wie etwa die "Narnia"-Verfilmung. Hier wird gezeigt, wie der Junge Edmund seine Geschwister bei der bösen Hexe verrät, sie ausliefert. Doch die Zuschauer sehen auch, welche Konsequenzen dieser Verrat hat. Und "Narnia" war ein sehr erfolgreicher Film.

pro: Wenn das die besseren Filme sind, müssten Zuschauer doch eigentlich Filme links liegen lassen, die voller Gewaltszenen sind?

Baehr: Leute wollen keine gewalthaltigen Filme sehen, das ist durch Umfragen und Statistiken erwiesen. Was die Menschen ins Kino zieht sind Filme, die Geschichten erzählen: Von Guten gegen die Bösen, Geschichten über Hoffnung, von Erlösung, die ihnen Stärke und Ermutigung geben. Doch die Zuschauer wollen immer auch etwas für ihr Leben lernen, denn sie kennen die harte Realität. Übrigens lehnen 74 Prozent der Mädchen und jungen Frauen zwischen 12 und 24 Jahren in den USA Gewaltszenen in Filmen an, bei den männlichen Zuschauern in der Altergruppe sind es immer noch 58 Prozent. Und dass 83 Prozent der Kinosessel leer bleiben, liegt genau darin begründet: Zuschauer wollen keine Gewaltszenen sehen.

pro: Mittlerweile hat Hollywood ja die Christen als Zielgruppe erkannt. In vielen Kinofilmen gehören christliche Symbole oder Anspielungen einfach dazu. Sind Filme mit einer christlichen Botschaft aus diesem Grund erfolgreicher als andere?

Baehr: Eindeutig, und das wissen auch die Produzenten, Drehbuchautoren und Regisseure. 95 Prozent der Kinofilme enthalten mittlerweile eine christliche, moralische Botschaft und haben einen biblischen Hintergrund. Und genau für diese Botschaften gehen die Menschen ins Kino.

pro: Herr Baehr, vielen Dank für das Gespräch!

Das Gespräch mit Dr. Ted Baehr führte pro-Redakteur Andreas Dippel am Mittwoch in Berlin. Baehr hielt auf Einladung des EKD-Rundfunkbeauftragten Pfarrer Bernd Merz einen Vortrag in der Französischen Friedrichstadtkirche.

Weitere Informationen: www.movieguide.org


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