Getötete in Afghanistan:
"Durch Nächstenliebe geleitet"
Von AW, Christliches Medienmagazin pro, 09.08.2010
Die getöteten Mitarbeiter der "International Assistance Mission" (IAM) in Afghanistan waren vom Gedanken der grenzenlosen Nächstenliebe motiviert. Das hat die Deutsche Evangelische Allianz (DEA) erklärt. Am Samstag berichteten Medien, dass zehn Helfer im Norden des Landes tot aufgefunden worden waren, unter ihnen eine 35-jährige Deutsche. Mittlerweile sind Details über das Leben der Chemnitzerin bekannt geworden.
Betroffenheit und tiefer Trauer. Ihr Mitgefühl gelte den Angehörigen der Helfer und ihren ebenfalls trauernden Freunden in Afghanistan.
Afghanistan: Hier wollten die Mitarbeiter von IAM helfen. Foto: Marius Arnesen/flickr
"Die IAM ist eine sehr erfahrene internationale Hilfsorganisation. Sie ist von dem christlichen Gedanken der grenzenlosen Nächstenliebe motiviert und hilft deshalb nach dem biblischen Vorbild des 'barmherzigen Samariters' wie viele Katastrophenhelfer auch dann und dort, wo sie sich selbst in Gefahr bringen", teilte Hartmut Steeb, Generalsekretär der DEA mit. Der Raubüberfall und die Ermordung von acht ausländischen Helfern und zwei Afghanen erfülle die Allianz mit großer
Kooperationspartner der IAM in Afghanistan ist die "Christoffel-Blindenmission". Wolfgang Jochum, Sprecher der Organisation, erklärte am Samstag gegenüber der Deutschen Presse-Agentur, er gehe davon aus, dass IAM nicht versuche, Menschen zu missionieren. Die Taliban hatten sich kurz nach Bekanntwerden der Tat zu dem Überfall bekannt und erklärt, die Getöteten seien christliche Missionare gewesen, die in Afghanistan spioniert hätten. IAM-Direktor Dirk Frans nannte es Medienberichten zufolge "hochgradig unwahrscheinlich", dass sich IAM aus Afghanistan zurückzieht. Die "Christoffel-Blindenmission" will ihre Projekte in dem Land aber zunächst aussetzen.
"Christoffel" arbeitet laut Jochum seit mehr als 30 Jahren mit IAM am Hindukusch zusammen. Dort versorge sie jährlich etwa 250 000 Menschen, die unter Augenerkrankungen leiden. Jochum erklärte weiter, Teams mit Augenärzten würden nicht leichtfertig oder auf eigene Faust aufbrechen. Bevor ein Einsatz stattfinde, würden alle erforderlichen Informationen - auch zur Sicherheitslage - eingeholt. Zum konkreten Fall, bei dem nach Polizeiangaben mehrere US-Bürger und eine Deutsche im Nordosten Afghanistans getötet wurden, sagte der Experte: "Ich gehe davon aus, dass die Gruppe eingeladen war von den Dorfautoritäten." Zur Zeit des Überfalls war die Gruppe auf dem Weg von Nuristan im Norden des Landes nach Kabul.
Getötete Sächsin war Dolmetscherin
Über die 35-jährige getötete Deutsche wurden unterdessen weiterer Details bekannt. Die Sächsin Daniela B. ist 1975 in Chemnitz geboren. Nach dem Abitur studierte sie Sprachwissenschaft an der Universität Leipzig und machte zusätzlich einen Abschluss als Deutschlehrerin für Ausländer. Nach einem vierjährigen Studium an der Universität Gloucesterhire in Südengland kam sie 2007 nach Afghanistan und begann, für die "International Assistance Mission" zu arbeiten. Nach Angaben des Afghanistan-Korrespondenten Christoph Reuter lernte sie in Kabul ein knappes halbes Jahr lang Dari, eine der beiden Landessprachen.
Daniela B. nahm ein Jahr lang am "Language Research Program" von IAM in der Nordostprovinz Badakhschan teil. Ziel des Projektes war es, "für die örtlichen Sprachen in den isolierten Bergregionen eine Schriftvariante zu entwickeln, so dass Menschen dort in ihrer eigenen Sprache lesen und schreiben lernen können", zitiert der "Stern" einen ehemaligen Kollegen der Chemnitzerin. Zuletzt soll die nicht nur fließend Dari, sondern auch leidlich Vahi und Mandschi, zwei lokale Sprachen, gesprochen haben.
Bei ihrem letzten Einsatz soll sie als Dolmetscherin unterwegs gewesen sein und nicht, wie bisher angenommen, als Ärztin.Vor einem Jahr verließ sie IAM, um beim Aufbau einer Nichtregierungsorganisation namens "Samar" zu helfen. Ziel der Organisation sollte die Erforschung und Rettung lokaler Sprachen sein. Den Kontakt zu den alten IAM-Kollegen hatte Daniela B. nie abreißen lassen, schreibt "Stern". Als ihr alter Arbeitgeber eine Übersetzerin suchte, habe sie zugesagt.
Überfall in "mittelalterlicher" Gegend
Das ZDF berichtet, die Helfer hätten vor dem Raubüberfall im Grenzgebiet zu Pakistan in freier Natur gezeltet. Sie seien gewarnt worden, dass dies gefährlich sein könnte. Allerdings hätten sie gedacht, als Mediziner hätten sie nichts zu befürchten. Ein Afghane habe den Überfall in dem sehr abgelegenen Gebiet überlebt und sich zu einer Polizeistation durchgeschlagen. Die Gegend, in der der Überfall geschah, sei sehr entlegen und "mittelalterlich". "Es ist ein rechtsfreier Raum. Wer sich dort bewegt, tut dies auf eigenes Risiko", erklärte ein Experte des ZDF.
Die stellvertretende deutsche Regierungssprecherin Sabine Heimbach erklärte laut Presseberichten, das Verbrechen sei ein "feiger Mord". Die Bundesregierung dränge darauf, die Verbrechen aufzuklären und die Urheber gemeinsam mit den afghanischen Behörden zu bestrafen. Der Vorfall unterstreiche die Notwendigkeit, weiter zielstrebig auf eine Stabilisierung der Lage in Afghanistan hinzuwirken, sagte Heimbach.