»Terra X« im ZDF: Jesus auf Buddhas Pfaden
Von Andreas Dippel, 23.01.2006
(kep) - Dass sich Fernsehdokumentationen mit Jesus befassen, ist nicht außergewöhnlich, zumindest zu Ostern und Weihnachten. Immer sollen in diesen Dokumentationen investigativer Journalismus und kritische Theologie in perfekter Harmonie vereint werden. Jetzt hat das ZDF in der Reihe "Terra X" neue Erkenntnisse über den "Wanderprediger aus Palästina" zusammengetragen. Heraus kam "Der Fall Jesus".
Das wenig umgangssprachliche Wörtchen "Mär" und dessen Synonym "Legende" gefällt den Autoren der Dokumentation besonders gut. "Mär vom Kindermord", die "Legende vom strahlenden Stern, der den drei Weisen aus dem Morgenland den Weg zum Kind im Stall wies", "Legenden weisen auf eine Grabstätte in Kaschmir". Das sind nur drei der vielen Mären und Mythen, die Autorin Renate Beyer aufzählt. Akribisch geht sie dem Leben Jesu nach und zeichnet einen Weg, den Jesus von Galiläa, Ägypten, über ein buddhistisches Kloster bis nach Indien gegangen sein soll.
Weder in Bethlehem geboren...
Die "Terra X"-Dokumentation vom Sonntagabend bereinigt zunächst die üblichen "Legenden" von der Jungfrauengeburt über die Geburt Jesu in Bethlehem bis hin zum Kindermord des König Herodes. "Die Niederkunft einer Jungfrau war für die Menschen damals ein gängiges Motiv, Symbol für die göttliche Herkunft des Kindes. Auch Gautama Buddha, Alexander der Große, der Friedenskaiser Augustus und andere herausragende Persönlichkeiten hatten dem Glauben nach überirdische Väter. An der jungfräulichen Geburt des Jesuskindes jedoch kamen bereits in der Antike Zweifel auf." Dass Jesus in der Ortschaft Bethlehem geboren wurde, sei mehr als fraglich. Denn die Evangelisten hätten schlicht die Ankündigung aus dem Alten Testament durch die Nennung des Ortes "wahr" gemacht.
...noch von göttlicher Herkunft
Geschickter fragt die Dokumentation nach der Göttlichkeit Jesu. Wenn denn die Jungfrauengeburt eine "Mär" ist, muss Jesus einen Vater gehabt haben. Doch es kommt nicht etwa Josef ins Spiel, sondern ein Mann namens Panthera. "Seinen Grabstein haben Archäologen in Bingerbrück bei Mainz auf einem Soldatenfriedhof gefunden. Er stammt aus dem 1. Jahrhundert." Zugleich schieben die Autoren aber den Satz nach: "Dass Panthera, der 40 Jahre in der römischen Armee diente, tatsächlich der Vater von Jesus ist, halten die meisten Forscher für antichristliche Polemik." Dennoch: "Angreifbar sind die biblischen Geschichten um die Person Jesus immer, weil es den Evangelisten nicht auf historische Genauigkeit ankam."
In Ägypten Zaubern gelernt
Und so geht es weiter, keine Darstellung der Evangelien kann der wissenschaftlichen Aufarbeitung von "Terra X" standhalten. Daher habe Jesus wohl auch keine Wunder vollbracht oder Kranke geheilt. Nach der Flucht aus Bethlehem nach Ägypten habe Jesus dort vielleicht in der Lehre von Magiern allerhand Zauberei erlernt. "Das Reich der Pharaonen galt seit alters her als Land der Wunder und der Zauberei. Seine Magier erreichten hohe Berühmtheit. Heilungen und Verwandlungen zählten dabei zu den einfachsten Übungen. Die wahren Meister der Zunft konnten selbst Tote zu neuem Leben erwecken, schwärmt der römische Schriftsteller Apuleius. Fähigkeiten, die auch Jesus besaß. Ob er sie eigens erlernen musste, bleibt ein Rätsel."
Weisheit von Buddha Yoga bei der Kreuzigung
Doch woher nahm der Mann aus Nazareth seine Weisheit und frohe Botschaft? "Schon die Menschen der Antike brachten den Verkünder der frohen Botschaft mit dem fernen Indien in Verbindung. Auf den ersten Blick ein abenteuerlicher Gedanke." Die Frage stellen die ZDF-Autoren trotzdem: "Jesus auf buddhistischen Pfaden?"
"Auf der legendären Seidenstraße zwischen Europa und China herrschte auch um die Zeitenwende reger Handelsverkehr. Von Jerusalem über Damaskus, Herat, Taxila nach Srinagar im nordindischen Kaschmir sind es über 5.000 Kilometer. War Jesus auf dieser Route unterwegs?" Hinweise darauf hätten sich im Jahr 1887 in einem buddhistischen Buch gefunden: Jesus sei als 14-Jähriger mit einer Handelskarawane nach Nordindien gekommen. "Er lebte bei Brahmanen und anderen Gelehrten, lernte, böse Geister auszutreiben und mit Gebeten zu heilen. Schließlich begegnete er Anhängern von Buddha und machte sich mit den Erkenntnissen des Erleuchteten vertraut. Nach zwölf Jahren sei Jesus in die Heimat zurückgekehrt. Ließ sich der Begründer des christlichen Glaubens von Buddha inspirieren, der 500 Jahre vor ihm Güte, Toleranz und Mitgefühl predigte?" Ja, und "Legenden" wiesen auch darauf hin, dass Jesus seine letzte Ruhestätte in Kaschmir gefunden habe.
"Dass Jesus die Kreuzigung überlebte, halten besonders indische Experten und Gläubige für vorstellbar. Sie begründen dies mit Yoga-Praktiken, die zwar extrem sind, aber zur Tradition von Asketen gehören."
Mit freundlicher Genehmigung von KEP
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