Anglikanischer Bischof:
Kirche trägt Mitschuld am Werteverfall
Evangelisches nachrichtenmagazin idea, 06. April 2009


Der anglikanische Bischof von
Rochester, Michael Nazir-Ali:
Religiöse Vielfalt führt nicht
zwingend zu gemeinsamen Werten.

L o n d o n (idea) – Die britische Gesellschaft entfernt sich immer mehr von ihren christlichen Wurzeln und driftet in ein Werte-Vakuum. Daran trage die Kirche eine Mitschuld, so der anglikanische Bischof von Rochester (Südengland), Michael Nazir-Ali.

Anstatt sich am geistlich und moralischen Rahmen der jüdisch-christlichen Tradition auszurichten, werde jetzt die Vielfalt der Religionen über alles gestellt, schreibt der 59-jährige Evangelikale in der Tageszeitung Telegraph (London). Doch sei nicht ausgemacht, dass unterschiedliche Religionen gemeinsame Werte und Tugenden hervorbrächten, wie Premierminister Gordon Brown (Labour) annehme. Einige Religionen stellten soziale Solidarität über individuelle

Freiheit, anderen gehe es vor allem um Ehre und Schande anstelle von Demut, Dienst und Opfer, erklärt der in Pakistan geborene Kirchenmann. Nazir-Ali wirft den Kirchen im Allgemeinen und der eigenen „Kirche von England“ im Besonderen vor, den Werteverfall nicht nur hingenommen, sondern bisweilen selbst daran mitgewirkt zu haben. Dazu zählt er die sogenannte "Reform" der Abtreibungsgesetze, das Verschwinden der finanziellen und gesellschaftlichen Anerkennung von Ehe und Familie sowie die "Erosion" der christlichen Präsenz im öffentlichen Leben.

Von Verfolgten lernen
Nazir-Ali hatte Anfang April bekanntgegeben, dass er am 1. September nach 15 Jahren als Bischof zurücktreten werde. Künftig will er verfolgten Kirchen und Christen helfen. Wie er im Telegraph weiter schreibt, wüchsen die Kirchen im Nahen Osten, in Südostasien, China und Afrika, wo sie eine Gegenkultur bildeten. Christen, die deswegen unter Druck gerieten, wolle er mehr Zeit widmen. Es sei von herausragender Bedeutung für die gesamte Christenheit, dass ihre Kirchen blühen und gedeihen. Mit ihrem klaren und aufopferungsvollen Zeugnis hätten sie dem Westen viel zu lehren. Als 35-Jähriger musste Nazir-Ali nach Großbritannien fliehen, weil ihm muslimische Extremisten in Pakistan nach dem Leben trachteten. Im vorigen Jahr wurde er in England mit seiner Familie unter Polizeischutz gestellt. Zuvor hatte er öffentlich gewarnt, dass sich überwiegend von Muslimen bewohnte Stadtviertel in Großbritannien zu "Tabu-Zonen" für Bürger anderen Glaubens entwickeln.

wegedeslebens.info