Was bedeutet eigentlich
"unter dem Gesetz?"
Teil IV
von Brad Scott, Gründer und Leiter von "Wildbranch Ministry"
Übersetzung Birgit Barandica E.
April 2009
Über diesen letzten Abschnitt unseres Themas habe ich ziemlich viel nachgedacht. Nun da wir ein Basisverständnis dessen haben, was es bedeutet, "unter dem Gesetz" zu sein, denke ich, dass wir den letzten Teil schnell abschließen können, sodass wir zu einigen provokanten Themen vordringen können. Galater 4 beginnt mit einem sehr missverstandenen Gedankenprozess: dem Konzept der Adoption. Dies ist sehr eng mit unserem hiesigen Thema verbunden, daher möchte ich nichts unter den Teppich kehren. Ich habe beschlossen, nächstes Mal darüber zu sprechen. Jetzt muss sich unser Fokus allerdings noch darauf konzentrieren, ob der Gläubige "unter dem Gesetz" steht.
In Galater 4,5 heißt es: "... damit er die, die unter dem Gesetz waren, erlöste, damit wir die Kindschaft empfingen.." (Anm.: also adoptiert wurden; in anderen Übersetzungen heißt es z.B. "Kindschaft, Sohnschaft" oder "damit Gott uns als seine Kinder annehmen konnte"). Dieser Vers sagt nichts mehr und nichts weniger als das, was es bedeutet, unter dem Gesetz zu leben, wie wir es in diesen Artikeln schon die ganze Zeit über gesehen haben. Jeder, der sich durch das Befolgen der Gesetze bemüht, Gott zu gefallen oder mit Ihm versöhnt zu werden, steht unter dem Gesetz und bedarf der Erlösung. Gläubige aus dem Alten wie aus dem Neuen Bund können nur auf demselben Weg erlöst werden: DURCH DAS BLUT! Solange jemand unter irgendeiner Rechtsordnung bleiben möchte, egal ob unter Gottes Gesetz, dem Römischen Gesetz oder irgendeinem Naturgesetz, lebt er unter einem Fluch, denn er wird das Gesetz, welches auch immer, nicht einhalten können und so ist das Opferblut für ihn völlig umsonst. Wie ich schon so oft gezeigt habe - Scha'ul lehrt, dass wir alle unter einem Fluch stehen; wir leben alle unter dem Gesetz und bedürfen der Erlösung. Nur dann können wir Gott "Vater" nennen. Also noch einmal: es gibt hier nicht eine einzige Lehre, die besagt, dass Jeschua gestorben wäre, um die Anweisungen Gottes für die Menschheit außer Kraft zu setzen. Es wird nur gesagt, dass diese Anweisungen nicht dafür geschaffen waren, den Menschen zu erlösen, sondern um ihn zu leiten und ihm beizubringen, was richtig und gut ist und was nicht. Der neue Mensch, bzw. der innere Mensch, auf den Scha'ul sich bezieht, wird durch den vertrauenden Glauben in den Messias geleitet, auf Ihn zu hören, Ihm zu folgen und zu gehorchen, damit der äußere Mensch lang lebe und es ihm gut gehe. Ohne dieses innere Vertrauen auf Gott gehorcht der Mensch nur ziellos irgendwelchen Regeln, was irgendwann dazu führt, dass die wahren Worte, die zur Anleitung geschaffen waren, einfach wegrationalisiert werden. Das ist ein sehr realer Teil der judaistischen Geschichte. Der Mangel an vertrauendem Glauben im Volk führte irgendwann zur Manipulation Seines Wortes und zum Wegwerfen der wahren Absichten HaSchems (Gottes) und sogar Seines Geistes. Ohne die Kraft Gottes (Ruach HaKodesch - Heiliger Geist) besitzt der Mensch keine Fähigkeiten, seine Beziehung zu Ihm aufrecht zu erhalten. So werden die "Regeln" (Thora) schnell zur Last, anstelle zur Freude, der Mensch driftet ab und es kommt zu Generationen von glaubenslosen Kindern.
Galater 4,21-31 lehrt genau das gleiche Prinzip. Das Sich-Abmühen, um Gott ohne den Vorteil Seiner Gegenwart zu gehorchen, produziert jenen Leib der Sünde, über den Scha'ul in Römer 6 spricht. Dadurch wird der Mensch in eine konstante Gebundenheit versetzt, er kommt nie dahin, Gott zu vertrauen und sich auf Seine Kraft und Gerechtigkeit zu verlassen. Scha'ul beginnt diese Kurzlektion mit der Annahme, dass der Leser nicht mit der Geschichte von Hagar und Ischmael vertraut ist, jedoch über Kenntnisse biblischer Interpretationsmethoden verfügt. In diesem Fall benutzt er eine Midrasch, was im Deutschen mit "Forschung, Studium, Auslegung religiöser Texte" beschrieben wird. Midrasch zieht persönliche, moralische und ethische Bedeutungen aus dem Text. Scha'ul lehrt anhand von 1. Mose 21, wie sein konstanter Versuch, den Begriff "unter dem Gesetz" zu erklären, zu verstehen sei. In Vers 24 stellt er fest, dass es zwei Bünde gibt, einen vom Berg Sinai, in denen Kinder in Gefangenschaft hervorgebracht werden: das ist Hagar: "... denn Hagar bedeutet den Berg Sinai in Arabien und ist ein Gleichnis für das jetzige Jerusalem, das mit seinen Kindern in der Knechtschaft lebt. Aber das Jerusalem, das droben ist, das ist die Freie; das ist unsre Mutter" (Verse 25-26). "Jerusalem, das droben ist" - das ist der andere Bund. Kurz nebenbei erklärt: schau einmal nach, wo sich der Berg Sinai befindet! Er befindet sich nicht auf der Sinai-Halbinsel, sondern in Arabien. Wir werden später noch näher darauf eingehen. Fassen wir erst einmal die Hagar-Geschichte kurz zusammen. Abraham und Sarah bekamen Anweisungen von Gott, dass Sarah das Kind der Verheißung bekommen werde. Alles, was sie dafür tun müssten, sei Gott zu vertrauen und Ihn bei Seinem Wort zu nehmen. Aber neeeeeiiiin, sie mussten die Dinge in ihre eigenen Hände nehmen (Werke) und sich wegen des verheißenen Kindes an Hagar wenden, anstatt Gott zu vertrauen. Hagar war Abrahams Dienerin. Sie war nicht der Weg, auf dem sich die Verheißung erfüllen sollte. Hagars Aufgabe war es, Abraham und Sarah zu dienen. Also geht Abraham zu Hagar, um die Verheißung zu erfüllen und produziert letztendlich ein Kind mit ihr, das für immer seinem Volk nachstellt und es in Gebundenheit hält. Warum wird Hagar mit dem Berg Sinai verglichen? Weil das genau der Ort war, an dem das Gesetz gegeben wurde! Das Gesetz wurde Israel an diesem Ort GEGEBEN. Es war seine Aufgabe zu dienen und nicht bedient zu werden. Es ist ein separater Bund. Beachte, dass es laut 2. Mose 19,12 niemandem gestattet war, auf den Berg zu gehen, ja, ihn noch nicht einmal zu BERÜHREN! Israel sollte nicht erlöst werden, indem es zum Berg ging, sondern durch den Glauben. Das war schon immer so geplant gewesen. Das Gesetz beinhaltete Anweisungen zu Erlösung: in dem Opfer der Unschuld durch das BLUT. Gott gab Israel das Gesetz NACHDEM Er sie unter Seine Flügel genommen und sie zu Sich gebracht hatte (2. Mose 19,3-5). Niemand kann zu Gott kommen, indem er zum Berg Sinai geht, genauso wenig wie die Verheißung Abrahams in Hagar gefunden werden konnte. Wenn deine Erlösung von deinen eigenen Werken abhängig ist, dann wirst du für immer in Gebundenheit an diese Werke sein, denn du wirst ständig versagen. Wenn du ganz und gar auf Gott vertraust, dass Er Seine Verheißung für dich erfüllen wird, weil Er es kann, dann wird Er dir Seine Verheißung geben. Er wird dich ebenfalls mit Seinem Bund am Berg Sinai versorgen, der dich zu Seinem ganz besonderen Schatz über allen Völkern macht, wenn er befolgt wird. Wenn du jedoch den Weg über den Berg Sinai zu Ihm nehmen willst, ein Berg, der von dir noch nicht einmal berührt werden darf, dann wirst du Sklave dieses Berges und bist für immer in Gebundenheit.
Der Rest dieser Midrasch ist ebenfalls ein ziemlicher Denkanstoß, aber meine Absicht ist es, aufzuzeigen, was "unter dem Gesetz" bedeutet. Ein weiterer Gedanke wegen Hagar. Wenn Abraham und Sarah Gott vertraut und abgewartet hätten, dann wäre Hagar sogar Isaaks Dienerin geworden; so aber ist es andersherum gekommen. Bitte nimm dir die Zeit, über all diese Dinge nachzudenken. Scha'ul führt seine Lehre fort, indem er wiederholt, dass das Gesetz segnet, wenn es recht gebraucht wird, und dass es zum Fluch wird, wenn es unrecht gebraucht wird (1. Timotheus 1,8-9)
Unser letzter Punkt befindet sich in Galater 5,18:
"Regiert euch aber der Geist, so seid ihr nicht unter dem Gesetz."
Die Werke des Fleisches entsprechen dem "unter dem Gesetz"-stehen. Vergiss nicht, dass das Werk des Fleisches der "alte Mensch" ist, wie in Römer 6 beschrieben, worüber wir bereits sprachen. Der alte Mensch ist ohne die Gegenwart Gottes und produziert nur den Leib der Sünde. Er wird nicht vom Geist Gottes geleitet, geführt oder erhalten. Er ist auf sich allein gestellt und kann nie zufriedenstellen. Gemäß Römer 6,14 steht er wegen des Ungehorsams unter der Herrschaft der Sünde. Wenn du vom Geist Gottes geleitet wirst, dann führt Er dich durch Seine Anweisungen (Thora), sodass du tun kannst, was heilig und recht ist. Du wirst nicht den Werken des Fleisches dienen, die Scha'ul in den Versen 19 bis 21 auflistet.
Ich möchte diesen Abschnitt über die Formulierung "unter dem Gesetz" gern mit ein paar Kommentaren beenden, die sich auf den "Buchstaben" des Gesetzes und den "Geist" des Gesetzes beziehen. Diese beiden Ausdrücke sind in rabbinischen Kreisen sehr bekannt. Laut einigen Weisen, die vor Jeschua gelebt hatten, wird der Messias, wenn Er kommt, die Schriften für uns auslegen und Er wird sogar die Lücken zwischen den Buchstaben interpretieren! Was bedeutet das? Die alten jüdischen Lehrer verehrten die Worte Gottes viel mehr, als uns heute bewusst ist. Das Universum und alles in ihm wurde durch die 22 Buchstaben des hebräischen Alphabets, dem Aleph-Tav, geschaffen. Diese Buchstaben schufen alles, was ist, allein durch den Atemhauch Gottes. Das wird in Hebräer 11,3 und vielen anderen Stellen der Schrift bestätigt. Diese Buchstaben, die Schöpfungskraft haben, werden von Gott selbst zusammengehalten. Er ist der Raum zwischen den Buchstaben. Sein Geist hält alle Dinge zusammen. Nachdem Gott sich ausruhte, galt die Schöpfung als zusammengehalten durch das fortwährende Lesen und "Tun" der Thora. Es wurde gelehrt, dass das Universum zu existieren aufhören würde, wenn es je eine Zeit geben sollte, wo die Thora nicht gelehrt bzw. ausgeführt wird (sollte es durch glühende Hitze wegschmelzen?!). Durch die neutestamentliche Offenbarung wissen wir, dass es Jeschua selbst ist, der alle Dinge zusammenhält, denn Er ist der tatsächliche Geist der Thora (Kolosser 1,16-19). Im hebräischen Denken ist der Buchstabe des Gesetzes einfach nur ein Buchstabe auf dem Pergament. Der Buchstabe des Gesetzes ist Thora ohne den Geist. Der Geist des Gesetzes ist die vom Geist eingehüllte Thora. Deshalb schlussfolgert Scha'ul in 2. Korinther 3,17, indem er sagt: "Der Herr ist der Geist; wo aber der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit." Gemäß Vers 6 desselben Kapitels ist es der Geist, der der Thora Leben gibt, ansonsten sind es nur Buchstaben auf dem Papier, die weder Leben geben noch erhalten können. Verstehst du das? Kann man all diese Passagen ernsthaft studieren und immer noch davon ausgehen, dass mit Jeschuas Tod Gottes Anweisungen außer Kraft gesetzt worden wären? Lehrt Scha'ul etwa an irgendeiner Stelle, das die Gebote Gottes heute nicht mehr gelten?
Ich hoffe und bete, dass diese vier Artikel dir ein wenig Einblick in diese so oft missbrauchte Formulierung "unter dem Gesetz" gegeben hat. Das Gesetz des Herrn ist gut, es ist heilig, gerecht und wahr. Es wird zum Segen, wenn es befolgt wird und bei Missachtung zum Fluch. Das Gesetz ist ähnlich einem scharfen Messer. Wenn es dafür benutzt wird, wofür es geschaffen wurde, dann wird es dir dienen. Wenn es jedoch zum Mord gebraucht wird, dann wird es zum größten Beweisstück der Verdammnis gegen dich. Als Gläubige sollten wir sagen: "Herr, hilf mir durch dein Wort, wie ich dir gehorchen und vorankomen kann." Aber stattdessen lehren wir, dass diese Anweisungen uns einfach nicht mehr gelten. In den letzten Jahren ist eine populäre Abkürzung Teil des Sprachgebrauchs geworden: WWJT! Ich bete, dass wir alle bedenken, dass dies NICHT bedeutet: Was Würde Jesus MEINEN, sondern Was Würde Jesus TUN?!
Das nächste Mal werden wir die Frage der Adoption (Anm.: Kindschaft, Sohnschaft. Dieser Artikel liegt leider noch nicht vor) näher betrachten, um diese Serie über die Bedeutung "unter dem Gesetz" zu beenden. Und denke daran: halte dich an deine Wurzeln, damit deine Tage lang sein mögen in dem Land, das der HERR dir gegeben hat.
Schalom Alechem!